GESCHICHTE UND GESCHICHTEN
AUS DEM 18. JAHRHUNDERT

Der Gug(e)lhupf und das Irrenhaus

Wieso wird das Irrenhaus in Wien oft heute noch als Guglhupf bezeichnet? Die beiden Dinge haben doch ziemlich wenig gemeinsam, sollte man glauben.
Aber vielleicht sollte ich damit beginnen, für Nichtösterreicher den Guglhupf zu erklären. Man könnte ihn vielleicht als Napfkuchen oder Topfkuchen ins Deutsche übersetzen, aber das Charakteristische am Guglhupf ist seine Form. Die weiteren Zutaten können variieren. Die Öffnung in der Mitte der Backform ist wichtig, aber auch praktisch, denn so wird der Kuchen besser durchbacken.
(In Klammern gesagt wird der Guglhupf, wenn er fertig ist, mit Staubzucker - und nicht mit Puderzucker - bestreut.)
Aber zurück zum Thema: wie kommt das Irrenhaus zu der Bezeichnung Guglhupf? Schuld daran ist der Habsburger Kaiser Joseph II. Dieser großartige, aber missverstandene Reformer, führte viele Neuerungen ein, die dem Wohl der Bevölkerung dienten. So ließ er in Wien zum Beispiel das Allgemeine Krankenhaus erbauen.
Es wurde 1784 eröffnet und hatte damals schon Platz für zweitausend(!) Patienten. Es wurde später ein Vorbild für viele Städte Europas. Dort befanden sich unter anderem auch eine Gebärklinik (die für heimliche Geburten unverheirateter Frauen dienen sollte), ein Altersheim und eben eine Irrenanstalt, den sogenannten Narrenturm. Es war die weltweit erste Anstalt für Geisteskranke. Das Gebäude besteht heute noch und ist der Sitz der pathologisch-anatomischen Sammlungen des Naturhistorischen Museums.
Und auch wenn die beiden Bilder einander nicht vollkommen gleichen, so fand das goldene Wienerherz dennoch eine Verschönerung für den Ausdruck "Narrenturm" und nannte das Haus "Kaiser-Joseph-Guglhupf". Aber wenn heute jemand sagt: "I bin jo ned deppat, die sperrn mi doch glei in Guglhupf, wenns mi derwischen", dann hat ihm wahrscheinlich jemand vorgeschlagen, eine Dummheit zu begehen.
Aber wer kennt schon heute noch den Zusammenhang?


Copyright Bernhard Kauntz, Wolvertem 2013


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28.5.2013 by webmaster@werbeka.com