Die Uffizien


Die "Uffizi" in Florenz führen vom Palazzo Vecchio zum Arno und bilden dabei einen Hof, der auf drei Seiten von dem Gebäude umgeben ist. Bauherr war der erste Großherzog der Toskana, Cosimo I de' Medici, der 1559 seinem Hofarchitekten Giorgio Vasari den Auftag gab, ein Gebäude zu errichten, in dem alle wichtigen Ämter und Ministerien der Stadt Platz fanden. Daher auch der Name, denn uffizi (vgl. office) bedeutet eben Büro.
Cosimos Sohn, Francesco I, begann, im obersten Stockwerk Kunstwerke zu sammeln. So entstand eines der bekanntesten Kunstmuseen der Welt.
Wenn man an den Arkaden entlanggeht, sieht man, dass die Stützpfeiler mit Nischen versehen sind, in denen weltbekannte Florentiner dargestellt werden. Es grenzt ja tatsächlich an ein Wunder, dass eine einzige Stadt im Laufe von ein paar Jahrhunderten so viele Größen hervorbringen konnte. Alle folgenden Berühmtheiten haben eine enge Beziehung zu Florenz. Dante Alighieri (1265 - 1321), Giotto di Bondone (1266 - 1337), Francesco Petrarca (1307 - 1374), Filippo Brunelleschi (1377 - 1446), Donatello di Betto Bardi (1386 - 1466),
Sandro Botticelli (1445 - 1510), Amerigo Vespucci (1451 - 1512), Leonardo da Vinci (1452 - 1519), Niccolo Machiavelli (1469 - 1527), Michelangelo Buonarroti (1475 - 1564), Giorgio Vasari (1511 - 1574) und Galileo Galilei (1564 - 1642). Da habe ich sicher noch einige vergessen.

Das nächste, was einem ins Auge fällt, sind die enormen Menschenschlangen, die auf den Eintritt warten. Nach einem innerlichen Ruck stellen wir uns auch an und hoffen, dass es schnell geht. Ich sehe ja ein, dass man keine unbegrenzte Anzahl gleichzeitig in das Gebäude lassen kann, aber das macht das Warten auch nicht lustiger. Dann passiert einmal gar nichts. Erst nach einer halben Stunde bewegt sich die Warteschlange weiter, aber da um ein ganzes Stück. Noch eine halbe Stunde später rechnen wir uns Chancen aus, beim nächsten Einlass hineinzukommen. Wir sind dann tatsächlich dabei und haben "nur" etwa hundert Minuten warten müssen.

Nach dem Treppensteigen kommt dann gleich eine Überraschung, denn wir werden von Poldi begrüßt. Poldi, das ist also Peter Leopold von Habsburg-Lothringen, zweiter Sohn von Franz I und Maria Theresia von Österreich, der später Kaiser Leopold II wurde und vorher Großherzog der Toskana war. Seine Büste ist über der Eingangstür angebracht, zusammen mit einem Schild, das besagt, dass er das Museum Mediceum im Jahr 1789 eröffnete. Die Uffizien werden ja von vielen Kunsthistorikern als das erste öffentliche Museum überhaupt betrachtet. Peter Leopold schaffte auch die Todesstrafe ab, sodass die Toskana das erste Land der Welt wurde, das so fortschrittlich war.

Die Uffizien sind so aufgebaut, dass es auf der Hofseite des Gebäudes einen U-förmigen Korridor gibt, von dem alle einzelnen Ausstellungsräume abzweigen. Im Korridor selbst gibt es keine Malereien, sondern nur Arbeiten von Bildhauern.

Gleich am Anfang des Korridors gibt es drei antike Statuen aus der Sammlung der Medici, zwei sitzende Frauen und Herkules, der mit dem Kentaur Nessos kämpft. Dieser Teil und einige andere Räume konnten rekonstruiert werden, weil Kaiser Franz I, der ja der erste Österreicher auf dem toskanischen Thron war, 1748 den Auftrag gegeben hatte, von der Galerie eine Bestandaufnahme in Bildern zu machen. Den Auftrag bekam der Dominikanermönch De Greyss, der mit einigen Gehilfen die Arbeit begann, aber nicht zu Ende führte.

Leider darf man in den Uffizien nicht fotografieren - auch nicht ohne Blitz, was natürlich lächerlich und veraltet ist. Außerdem beeinträchtigt es diese Seite beträchtlich, weil ich sonst viel mehr Bilder gemacht hätte. Aber mit einem Aufseher in nahezu jedem Raum geht das leider nicht. Ich bin aber nur einmal erwischt worden ...

Die Ausstellung beginnt chronologisch mit Werken von Giotto, Cimabue und anderen aus dem 13. Jhd. Das Hauptaugenmerk liegt natürlich auf Florentiner Malern, beziehungsweise solchen aus der Toskana, auch wenn man andere italienische und internationale Künstler nicht ausschließt. Die Werke vor dem 15. Jhd. sind durchwegs religiöser Natur und daher nicht unbedingt mein Geschmack, auch wenn ich zugeben muss, dass viele sehr beeindruckend sind. Dann ist es natürlich ein Erlebnis, das Diptychon des Herzogpaares von Urbino (von Piero della Francesa) "live" zu sehen, nachdem man es in vielen kunstgeschichtlichen Büchern abgebildet gesehen hat.
Logischerweise ist das "live"-Erlebnis noch größer, wenn man Botticellis zwei große Werke, den "Frühling" und die "Geburt der Venus" sieht. Ein Trost ist, dass man hier ohnehin keine Fotos machen könnte, weil immer so viele Leute davor stehen. Dagegen ist das Bild rechts das erste belegte Werk von Botticelli.
Alessandro di Mariano Filipepi, wie er eigentlich hieß, malte das Bild 1470. Es ist ein Symbol für die Tapferkeit, eines von sieben symbolischen, weiblichen Bildern. Die anderen sechs sind von Piero del Pollaiolo gemalt und stellen unter anderen die Klugheit, die Gerechtigkeit und die Besonnenheit dar.
In der achteckigen Tribuna, wo das Licht durch eine Kuppel einfällt, steht die Mediceische Venus, auch sie ist ein weltbekanntes Stück.
Das nächste Bild ist von Il Perugino, oder Pietro Vanucci. Es wurde 1495 gemalt und zeigt Christus im Garten von Gethsemane, wo er die Nacht nach dem letzten Abendmahl verbrachte. Die Apostel, die mit ihm gekommen waren, schlafen im Vordergrund, während im Hintergrund schon die römischen Soldaten kommen, von Judas angeführt.
Weil gerade kein Aufseher zu sehen ist, mache ich im Korridor schnell ein Foto von Kaiser Tiberius, bevor wir den nächsten Saal betreten.
Dieser Saal ist den nordischen Malern gewidmet, hier sind vor allem Dürer und Cranach vertreten. Lukas Cranachs Adam und Eva sind 1528 gemalt worden und sind seit 1688 in den Sammlungen der Medici. Ich finde, dass die Eva Cranachs Lucretia sehr ähnlich ist. Ob er da dasselbe Modell hatte? Wir sind inzwischen am zweiten, dem Verbindungskorridor angelangt und sehen von hier hinunter auf den Arno und die Ponte Vecchio.
Hier gibt es auch eine Statue von Amor und Psyche, ursprünglich ein griechisches Original vom Ende des 4. Jhd. v.Chr., aber hier in Form einer römischen Kopie. Es sind übrigens die allermeisten Statuen Kopien von Originalen aus hellenistischer Zeit, ja sogar die römische "Wölfin" (die Romulus und Remus großgezogen hat) ist eine Kopie des Originals aus dem 5. Jh. v. Chr.
Warum Psyche Flügel hat, ist mir allerdings nicht ganz klar. Sie ist eine sehr menschliche Königstochter - und auch wenn sie ganz am Ende der Geschichte unsterblich wird, haben die meisten antiken Götter schließlich auch keine Flügel ...

Der erste Saal im dritten und letzten Korridor in diesem Stockwerk ist, wie auch die nächsten zehn Säle dem Cinquecento gewidmet. Das Cinquecento (Fünfhunderter) entspricht dem 16. Jhd., aber nachdem die Jahreszahlen mit 15 beginnen und die Italiener die ersten tausend Jahre anscheinend vergessen haben, hinkt die Jahrhundertzählung immer um eine Zahl nach.

So ist also das Duocento das 13. Jhd., das Quattrocento das 15. Jhd. und so weiter.
Wie dem auch sei - hier gibt es den Tondo Doni, das einzige Bild von Michelangelo in Florenz. Außerdem gibt es in diesen Sälen Bilder von Raffael, Bronzino, Rosso Fiorentino, Tizian (Venus von Urbino), Dosso Dossi und anderen.
Hier links sehen wir Sebastiano del Piombos "Tod des Adonis" von 1511. Wenn man genau hinsieht, dann sieht man hinter dem Knie des Adonis auch das Wildschwein, das ihn getötet hat.
Wir sehen die Bilder weiterer großer Namen: Veronese, Tintoretto, Vasari, El Greco ... es ist schon großartig. Hier links sehen wir den heiligen Sebastian von Andrea Boscoli. Im Bild unten ein Carracci, "Venus, Satyr und Amoretten".
Dann kommen wir in den Saal der Niobe. Dieser Saal ist im Jahr 1993 schwer beschädigt worden, nämlich bei dem Bombenanschlag vor den Uffizien, bei dem fünf Menschen ums Leben kamen.
Inzwischen ist wieder alles restauriert und die Kinder der Niobe können wieder sterben. Auf dem Bild links liegt einer ihrer sieben Söhne, bereits von den Geschützen Apolls und Artemis tödlich getroffen. Im Hintergrund will sich die älteste der sieben Töchter einen Pfeil aus dem Rücken ziehen. Die übrigen Kinder Niobes sind im ganzen Saal verteilt.
Warum dieses Massaker? Nun, stolz auf ihre vierzehn Kinder, höhnte Niobe die Göttin Leto, weil diese nur zwei Kinder, eben Apoll und Artemis, geboren hatte. Daraufhin wurde Leto böse und befahl ihren Kindern, die Nachkommen der Niobe zu vernichten. König Amphion, der Vater der Nioben, tötete sich und Niobe selbst konnte nicht aufhören zu weinen.
Die Götter hatten schließlich Mitleid mit ihr und verwandelten sie in einen Stein, der jedoch noch immer Tränen vergoss. Meiner Ansicht nach hat Leto ein wenig zu stark reagiert und Apoll und Artemis sind auch in meiner Achtung gesunken ...

Zum Abschluss jetzt der Lacher des Besuches in den Uffizien: Hier im Bild links sieht man "Pan und Daphne". Das steht sowohl im Katalog, wie auch vor Ort. Die Panflöte stammt auch ganz richtig aus dieser Erzählung, aber Daphne war zu hundertfünfzig Prozent weiblich. Nun mag der Kopf durchaus weibliche Formen haben, der Rest des Körpers aber kaum.
Ich verstehe nicht ganz, wie ein solcher Fehler entstehen kann, beziehungsweise, wieso man keine Erklärung dafür hat. Das beeinträchtigt schließlich die Glaubhaftigkeit der gesamten Ausstellung.

Copyright Bernhard Kauntz, Wolvertem 2009


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