Dürnstein - die Perle der Wachau


Als Wachau wird das Tal der Donau zwischen Melk und Krems bezeichnet. Am bekanntesten ist die Wachau für ihren Wein, für ihre Marillen und für die Natur des Donautals. Marillen ist übrigens die österreichische Bezeichnung für Aprikosen.
Abgesehen von Stift Melk ist Dürnstein wohl der beliebteste Touristen- und Ausflugsort in dieser Gegend. Schon allein die Lage ist imponierend, dicht am Fluss und am unteren Teil des steilen Berges hinaufklimmend.
Das allerdings bekommt der Besucher auch zu spüren, wenn er - per Schiff kommend - von der Anlegestelle aus über sechsundneunzig Stufen in den Ort hinauf klettern muss.
Aber Dürnstein hat auch eine weit zurückreichende Geschichte. Das Donautal war schon in grauer Vorzeit bevölkert, doch darüber wissen wir nicht so viel. Die belegte Geschichte geht aber immerhin runde tausend Jahre zurück. Schon 1050 wird der Name Azzo von Kuenring als Herr von Dürnstein erwähnt.

Das Geschlecht der Kuenringer behielt dann das Gebiet der Wachau gute dreihundert Jahre lang als Lehen. Sie bauten eine Mautstelle, um vom Verkehr auf der Donau zu profitieren und dann noch vor Mitte des 12. Jahrhunderts die Burg, die uns heute als Ruine erhalten ist. Die größte Bedeutung hat die Burg wohl dadurch erlangt, dass hier der englische König Richard Löwenherz gefangen saß. Das hatte folgenden Hintergrund:

Im Jahr 1188 begann der dritte Kreuzzug, vornehmlich, um Jerusalem aus den Händen von Sultan Saladin zu befreien. Der unbestrittene Anführer des Kreuzzuges war Kaiser Friedrich Barbarossa. Dieser starb jedoch noch bevor sie das Heilige Land betraten. Nun gab es Streitigkeiten darüber, wer wohl der Nachfolger des Kaisers werden solle. Der Babenberger Leopold V wäre wohl ein starker Kandidat gewesen, weil er ja selbst dem Heiligen Römischen Reich angehörte. Allerdings war er nur Herzog. Da waren aber auch noch König Philipp II von Frankreich und eben der englische König Richard Löwenherz.
Trotz aller Zwistigkeiten gelang es ihnen gemeinsam Akkon wieder zu gewinnen. Die Stadt war ein wichtiger Hafen für die Kreuzfahrer und seit Anfang des 12. Jahrhunderts außerdem ein christlicher Bischofssitz, den der Sultan erobert hatte. Hier wurde auch der Deutsche Orden gegründet. Bei der Verteilung der Beute fühlte sich Herzog Leopold aber ebenfalls von Richard Löwenherz betrogen. Außerdem hatte dieser das österreichische Banner in der eroberten Stadt niederreißen und in den Burggraben werfen lassen. Daraufhin kehrte Leopold V mit seinen Mannen um und zog heimwärts.
Richard verscherzte es sich auch mit Philipp II. Daher ließ der französische König alle Häfen sperren, als Richard per Schiff auf dem Heimweg war. Das bedeutete, dass der Engländer über die Adria nach Norden fahren musste (einige Überlieferungen berichten auch von einem Schiffbruch) und dann, über österreichisches Land heimkehren musste. Er wollte zunächst versuchen, zu seinem Schwager in Bayern zu kommen. Dazu gab es zwei Wege, entweder über die verschneiten Alpen im Süden, oder über Wien und dann die Donau hinauf. Richard entschied sich für Letzteres und verkleidete sich mit seinem Gefolge als einfache Pilger. Durch sein herrisches Gehabe fiel er schon in Friesach und in Bruck an der Mur auf, konnte aber beide Male entkommen.

In Erdberg bei Wien schickte der König einen Untergebenen in die Stadt, um Lebensmittel einzukaufen. Es fiel aber auf, dass dieser einfache Mann mit seltenen Goldmünzen aus dem Morgenland bezahlen wollte. Man verfolgte ihn und konnte Richard Löwenherz dann in dem Gasthaus fassen, in dem er abgestiegen war. Herzog Leopold ließ ihn erst auf Dürnstein gefangen setzen und übergab ihn im Frühjahr an Kaiser Heinrich VI, den Sohn Friedrich Barbarossas. Dieser beschloss, Richard Löwenherz nur gegen eine gigantische Menge Lösegeld wieder frei zu lassen. Die Summe entsprach etwa drei Jahreseinkünften der englischen Krone.
In Menge ausgedrückt waren es mehr als 35 Tonnen Silber. Anfangs wollte Richard nichts davon hören, aber als Philipp II sich erbot, das Lösegeld zu bezahlen, sollte man den englischen König an ihn ausliefern, entschied er sich schnell anders. Nach einem weiteren Jahr, im März 1194, konnte Richard wieder nach England zurückkehren, aber es wurden 200 englische Adelige dafür in Geiselhaft genommen, bis die ganze Summe bezahlt war. Leopold V erhielt ein Drittel des Lösegeldes.
So weit die Fakten. Dann gibt es aber noch eine romantische Sage dazu, nämlich dass ein Knappe Richards, Blondel genannt, seinen König in vielen Ländern gesucht hatte, bevor er nach Dürnstein kam. Dazu hatte er sich als Minnesänger ausgegeben und überall eine Strofe eines Liedes gesungen, das nur sein Herr kannte. In Dürnstein hörte er dann den König mit der zweiten Strofe antworten und wusste daher, dass dieser dort gefangen gehalten wurde.
Wie dem auch sei, sowohl die Namen von Richard Löwenherz und von Blondel werden in Dürnstein heute gut vermarktet.

Doch zurück zur Geschichte Dürnsteins. 1231 erprobten die Kuenringer einen Aufstand gegen die Babenberger (weil sie mit ihrem Teil des Lösegeldes Waffen kaufen konnten?), der allerdings niedergeschlagen wurde. 1289 wurde ein Klarissinen-Kloster gegründet, das knappe 300 Jahre später ausstarb.

Danach entstanden die Stadtmauern und 1347 wurde Dürnstein zum ersten Mal Stadt genannt. 1355 starben die Kuenringer aus und die Habsburger (als Landesherren) kamen in Besitz von Dürnstein. 1410 wurde das Augustiner-Chorherrenstift gegründet, das Anfang des 18. Jahrhunderts einen barocken Umbau erhielt. 1788 wurde es von Kaiser Joseph II geschlossen. Heute ist es ein Teil des Stiftes Herzogenburg.
Viele der Gebäude, die heute noch das Aussehen Dürnsteins prägen wurden im 16. Jahrhundert erbaut. 1645 wurde die Burg von den Schweden gesprengt und die Stadt verwüstet.
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Stadt verkehrstechnisch erschlossen. Die Anlegestelle an der Donau wurde eröffnet, eine Eisenbahnverbindung wurde angelegt und 1958 bekam die Stadt einen Straßentunnel. Außerdem erhielt man schon 1906 eine moderne Hochquellwasserleitung. Bei der Restaurierung des Klosters in den Achtzigerjahren stieß man auf die ursprüngliche blaue Farbe des Kirchturms und beschloss, diese wieder zu verwenden.
Heute zählt die "Stadt" Dürnstein knappe 900 Einwohner, die ihre historischen Gebäude großteils zu touristischen Zwecken umgebaut haben. Der Name kommt natürlich vom dürren Stein, denn an den steilen Hängen eignete sich der Grund nicht für den Ackerbau. Das hindert die Winzer heute aber nicht, dort ganz erstklassigen Wein zu produzieren.
Die Lage an der Donau hatte aber nicht nur Vorteile. Während der Engpass des Stromes gut für die Kontrolle war, bedeutete er aber auch, dass die Donau bei Hochwasser übermäßig stark anstieg und die niederen Gefilde heftig überflutete. Das gilt auch heute noch - und die Häuser in Ufernähe werden regelmäßig überschwemmt. An vielen Gebäuden zeigen Pegelstände an, wie hoch das Wasser bei den einzelnen Überschwemmungen gestiegen war. Der allerhöchste Wasserstand wurde allerdings im August 2002 erreicht, was aus dem kleinen Metallschild hervorgeht, das ebenfalls an dieser Hausmauer angebracht wurde. Aus dem Bild geht auch hervor, dass die Donau schon stark ansteigen muss, um dieses Haus überhaupt zu erreichen.
Sollten Sie Dürnstein besuchen, ist vor allem die Abtei mit der dazugehörigen Kirche sehenswert, sowie die Burgruine, die man vom Dorf aus nach einer Bergaufwanderung von etwa 20 Minuten auch aus der Nähe besichtigen kann.

Copyright Bernhard Kauntz, Wolvertem 2012


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