Ein handfestes Mittelaltermuseum
in Markgrafneusiedl



Das älteste bewahrte Zweihandschwert in Österreich
Markgrafneusiedl liegt im Nordosten von Wien. Es ist ein kleiner Ort, der kaum mehr als 1000 Seelen zählt. Es überrascht, dass es hier überhaupt ein Museum gibt, wenngleich der zweite Gedanke einem sagt, dass man sich im Marchfeld, also auf geschichtsträchtigem Boden befindet. Das kleine, gelbe Haus, in dessen unterem Stockwerk das Museum eingerichtet ist, ruft auch keine größeren Erwartungen hervor. Aber wir werden freundlich und persönlich empfangen und bald merke ich, dass ich mich nicht in einem konventionellen Museum befinde. Es gibt kaum Vitrinen, die meisten Ausstellungsgegenstände liegen offen, ja mehr noch:
In der "Henkerecke" drückt man mir ein Schwert in die Hand, dessen leichte Abnützung am vorderen Teil der Klinge zeigt, dass es sehr wohl in Verwendung stand. Der kapuzenbekleidete Scharfrichter steht in Lebensgröße daneben, die Münzen in der Hand, die ihm der letzte Delinquent gegeben hatte, damit er die Sache schnell und womöglich mit einem Streich erledigen solle. Es gibt auch zeremonielle Schwerter, mit denen man zum Ritter geschlagen wurde, deren Gewicht ich selbst anfühlen darf. Ich habe bisher noch nie ein wirkliches Schwert in der Hand gehalten, sodass dies allein schon eine neue Erfahrung darstellt. Doch es soll noch besser kommen.
Ich sehe das älteste, in Österreich bewahrte Zweihandschwert, das aus der Mitte des 14. Jhd. stammt. Außerdem gibt es Artefakten aus der Zeit der Türkenkriege, Trinkschalen und Kochgeschirr - und alles darf in die Hand genommen, befühlt und aus nächster Nähe besichtigt werden. Daneben werden Stücke von lokalen Ausgrabungen gezeigt, seien es Armbrustbolzen, Keramikbruchstücke, Rosenkränze oder Reiterstiefel.
Herr Peter, unser persönlicher Führer, erklärt eingehend Details zu den einzelnen Objekten. Aus dem Wappenzelt holt er verschiedene Ritterhelme, die man ebenfalls angreifen darf, jetzt allerdings nur mit bereitgestellten Schutzhandschuhen. Ich darf auch die Eisenhandschuhe probieren und wundere mich über deren Gelenkigkeit. Dann wird mir ein Kettenhaubert und ein Helm angelegt und ich darf wieder die dazugehörigen Waffen in der Hand wägen, sowohl einen Morgenstern, wie auch ein Kurzschwert.

Gemeinsam mit unserem Führer gehe ich hinter einer Pavese in Deckung, während ich eine Armbrust schussbereit vor mir halte. Wir bekommen auch noch die ersten Vorgänger der Schusswaffen zu sehen, bevor es in den Keller geht, um dort über das Spannen und Laden einer Armbrust instruiert zu werden. Man braucht ziemliche Kraft, um die Sehne spannen zu können und muss aufpassen, dass man sich nicht die Fingerkuppen wegreißt, wenn die Sehne beim Abziehen zurückschnellt. Mein Schuss sitzt zwar hoch links, aber ich treffe bei meinem ersten Versuch immerhin noch die Tafel.

Gleich danach geht es hinter das Haus, mit Wurfäxten bewaffnet., die wir gegen einen hochmontierten Holzblock werfen dürfen. Mit ein bisschen Übung gelingt es auch wirklich, die Axt im Holz festzusetzen und ich wundere mich über die Wucht, mit der die Spitze eindringt.

Ich bin zwar weder eine kämpferische Natur, und eher an antiker Geschichte interessiert, als am Mittelalter, aber die gemachten Erfahrungen sind unbedingt ein Erlebnis, das ich nicht versäumt haben möchte.

Bedenkt man weiterhin, dass der Eintritt inklusive Führung ganze drei Euro beträgt, dass ich außerdem frei fotographieren durfte, dann habe ich wahrlich sowohl meine Zeit, als auch mein Geld schon schlechter verwendet.



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11.10.2003 by webmaster@werbeka.com