Stift Klosterneuburg


Klosterneuburg liegt an der Donau, im Nordwesten Wiens - die beiden Städte grenzen direkt aneinander. Geschichtlich gesehen hatte Klosterneuburg an der Entwicklung Österreichs teil, wenn auch nur kurzzeitig. Doch schon vorher gab es zur Römerzeit, im ersten Jahrhundert, genau wie in Wien, ein Kastell, das dazu diente, die Donaulinie zu befestigen. Mit dem Fall des römischen Imperiums wurde jedoch das Gebiet zwischen Enns und der heutigen Nationsgrenze zum Freiland für Horden mehr oder weniger wilder Stämme, von Awaren und Hunnen angefangen, bis zum Reitervolk der Ungarn. Erst 955 konnte Kaiser Otto die Ungarn auf dem Lechfeld vernichtend schlagen. Das führte dazu, dass die deutsche Grenze wieder nach Osten verlegt werden konnte. 976 wurde Leopold (Liutpold) I als Markgraf für Österreich eingesetzt. (Der Name Ostarrichi ist seit 996 belegt.) Er war der erste aus dem Geschlecht der Babenberger, die Österreich ein paar Jahrhunderte lang regierten.
Vier Generationen später, im Jahr 1095, wurde Leopold III (einziger männlicher Erbe von sieben Kindern Liutpolds II) Markgraf, im Alter von nur 20 Jahren. Er heiratete 1105 Agnes, eine Tochter des deutschen Königs Heinrich IV (bekannt durch seinen Gang nach Canossa). Agnes hatte aus erster Ehe einen Sohn, Konrad, der später (1138 - 1152) als Konrad III der erste deutsche König des Staufergeschlechts wurde.

Madonnenstatue, um 1300  
Für Leopold III war diese Verwandtschaft natürlich nicht ungünstig, teils weil es seinen Einfluss stärkte, teils weil Gattin Agnes nicht unbemittelt in die Ehe kam.
1113 verlegte der Markgraf seine Residenz von Tulln nach Klosterneuburg, was darauf hinweist, dass das Gebiet um den Wienerwald inzwischen hinreichend gesichert war. Aber schon der Sohn Leopolds III, Heinrich "Jasomirgott" II, ging noch einen Schritt weiter und machte Wien zur Hauptstadt.
Vorher jedoch, im Jahr 1114, gründeten Leopold und Agnes das Stift Klosterneuburg, die Schleierlegende erzählt vom Hintergrund der Platzwahl. Sei es mit der Wahrheit dieser Legende wie auch immer, der Verduner Altar ist echt und nicht zuletzt ein guter Grund, das Stift zu besichtigen.
Im 14. Jahrhundert (1330) wurden große Teile der Stadt und des Stiftes durch einen Brand verwüstet, sowie mit dem Bau des Südturms der Kirche (in Vorderansicht rechts) begonnen. Letzterer musste jedoch bis 1592 auf seine Fertigstellung warten.
1485 ist das nächste wichtige Jahr. Da wurde Leopold III, der Gründer des Stifts, heilig gesprochen. Dadurch wurde Klosterneuburg zum Wallfahrtsort, nicht zuletzt am 15. November, dem Namenstag Leopolds. Bis heute erinnerte das "Fasslrutschen" am Leopolditag an diese Tradition.
Hierbei wird über eine Leiter ein großes Weinfass bestiegen, um auf der anderen Seite wieder darüber hinunter zu rutschen. Die Augustiner Klosterneuburgs gehören nämlich zu den ältesten und größten Weinproduzenten des Landes. 1860 wurde hier auch die erste Weinbauschule der Welt ins Leben gerufen.
Aber zurück zu Leopold: Durch die Heiligsprechung wurde er auch zum Landespatron Niederösterreichs; sein Wappen ist heute noch das Wappen dieses Bundeslandes.

Das Napoleonzimmer im Kaisertrakt  
Im 17. Jahrhundert wurde die Stiftskirche in barockem Stil umgebaut, sowie durch den Nordturm ergänzt. Bei der zweiten Türkenbelagerung Wiens im Jahr 1683, gelang es dem Stift die Okkupanten fern zu halten und wurde darurch ein wichtiger Stützpunkt für das Entsatzheer, das unter Jan Sobieski im letzten Moment eintraf und Wien von der türkischen Umklammerung befreite.
Kaiser Karl VI hatte große Pläne. 1730 beschloss er, das Kloster nach dem spanischen Vorbild von "El Escorial" in eine Residenz auszubauen.
Nur ein Viertel wurde jedoch fertiggestellt, denn 1740, nach dem Tod ihres Vaters, zeigte Maria Theresia kein größeres Interesse an Klosterneuburg und widmete ihre Aufmerksamkeit statt dessen Schloss Schönbrunn. Immerhin bewohnte Karl VI seine Schöpfung, wenngleich auch nur für eine Nacht, am 15. November 1739. Auch Napoleon hielt sich später nur einige Stunden lang im Napoleon-Zimmer auf...
1879 wurde die Stiftskirche restauriert. Dabei wurden auch die beiden Türme in gotischem Stil verändert und auf gleiche Höhe gebracht.


  Rueland Frühauf d.J., Anfang 16. Jh.
  Die Taufe Christi
Die Führung folgt im Prinzip der Geschichte. Vorbei an einer Mauer aus dem 12. Jahrhundert, die noch vom Palas Herzog Leopolds VI erhalten ist, geht es durch unterirdische Gänge zum Verduner Altar. Auf dem Weg wird man an mittelalterlichen Skulpturen vorbeigeführt - alles unter striktem Verbot zu fotografieren. Eine Madonnenfigur von etwa 1300, lässt mich dem Verbot trotzen.
(Was hier zu sehen ist, ist allgemeines Kulturgut der gesamten Menschheit und steht nicht länger unter Copyrightschutz.



  Rueland Frühauf d.J., Ende 15. Jh.
  Die Gefangennahme Johannes des Täufers

Aber mein Einwand betrifft nicht nur Stift Klosterneuburg, sondern alle Institutionen, die glauben, dass jeder Mensch die Möglichkeit hat, persönlich hinzukommen, um die Exponate zu sehen.)
Die Führung geht weiter durch die Kaiserzimmer und endet in der Stiftskirche. Nachher steht es dem Besucher frei, die Kirche, die Kaiserzimmer und die Sammlung der gotischen Malerei zu besichtigen, die sich in den Stockwerken über dem Kaisertrakt befindet.

Die Stiftskirche, Maria Geburt, erscheint im Inneren sehr schmal, was darauf zurückzuführen ist, dass die Kirche zu großen Teilen ihren romanischen Ursprung behalten hat. Das ist, durch den Umbau im Barock, heute kaum mehr erkennbar, viel weniger noch dadurch, dass die zwei Seitenschiffe damals in Kapellen unterteilt wurden. Daher ist nur mehr das Mittelschiff erhalten. Meiner Ansicht nach, obwohl ich den Barockstil an sich mag, passt er nicht in die schmale Kirche, sondern gibt ihr einen überladenes und erdrückendes Aussehen.
Bemerkenswert sind die Deckenmalereien, die außer der Krönung Marias, sowie Engeln und Heiligen, auch die Türkenbelagerung darstellen. Georg Greiner schuf diese Werke 1689, also nur 6 Jahre danach. Es ist logisch, dass diesem Ereignis starke Empfindungen nachhallten. Aber ein so weltliches Thema in einer Kirche? Nun, man darf nicht vergessen, dass der Sieg gegen die Türken auch ein Sieg des Christentums gegen den Islam war.
Der Hochaltar ist eine Arbeit von Matthias Steinl und wurde 1728 errichtet. Das Altarbild von Johann Georg Schmidt zeigt, passend zum Namen der Kirche, die Geburt Marias.

copyright Bernhard Kauntz, Västerås 2006



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