Wien 1., Maria am Gestade


Wenn man von der Stadtmitte her kommt, sieht man zunächst nur den Turm der Kirche in dem engen Gassenwerk der Altstadt. Wenn man dann die Westfassade sieht, erkennt man, wie schmal die Kirche wirklich ist. Aber die Häuser in der Salvatorgasse ließen nicht mehr viel Platz für einen Kirchenbau, denn auf der anderen Seite fiel das Gelände steil zur Donau ab, wie ja auch der Name besagt.
Das war freilich lange vor der Donauregulierung, dass hier ein Gestade war, aber die Kirche hat auch richtig alte Ahnen. Natürlich waren es Donauschiffer und Fischer, die hauptsächlich an diesem Platz an einer Kirche Interesse hatte. Aber schon 880 soll hier eine kleine Holzkirche gestanden sein. Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Kirche im Jahr 1158 und kam dann bald eine Zeit lang unter die Fittiche des Schottenstifts. Um 1330 ließen die damaligen Besitzer, die Herren von Greif, den Chor und den Turm neu bauen. Baumeister war Michael Knab. Aus dieser Zeit stammen auch die Reliefs einer Schutzmantelmadonna und der Krönung Marias über dem Chorportal. Bedenken Sie, dass diese Reliefs bald 700 Jahre alt sind ...

Auch die Glasfenster im Chor sind "echt". Sie entstanden in der Zeit von 1350 - 1436, wurden in der Zwischenzeit aber "ausgelagert", weil Franz II (I) sie für sein Schloss Laxenburg beanspruchte. Aber sie wurden inzwischen zurückerstattet und aus den Scheiben, die noch erhalten waren, wieder zusammengesetzt.
1391 kam die Kirche in den Besitz von Freiherr Hans von Liechtenstein-Nikolsburg, der das Langhaus neu erbauen ließ. Wegen der engen Platzverhältnisse ist das Langhaus schmäler als der Chor. Außerdem ist die Kirche deshalb in der Mitte ein wenig abgewinkelt. Baumeister für das neue Langhaus war Peter Prachatitz, der zu dieser Zeit auch Dombaumeister des Stephansdomes war.
Im 18. Jhd. verfiel die Kirche zusehends und sollte unter Joseph II eigentlich abgerissen werden. Nur die hohen Kosten dafür bewahrten das Bauwerk vor diesem Schritt. 1786 wurde sie entweiht und geschlossen. In der Zeit der Napoleonkriege diente die Kirche sogar als Militärlager und Pferdestall! Aber schon 1812 wurde sie restauriert und neu geweiht. Daher ist das meiste der Inneneinrichtung aus dem 19. Jhd. So ist auch der Hochaltar ein Werk aus relativ neuer Zeit. Er wird jedoch von den zwei Tafeln des mittelalterlichen Flügelaltars von 1460 eingerahmt.

Nur wenige Leute wissen, dass hier auch der Stadtpatron von Wien begraben liegt, ja viele wissen nicht einmal, um wen es sich handelt. Sein Name ist Klemens Maria Hofbauer (getauft Johannes, 1751 - 1820). Er wurde in Südmähren geboren und bekam zunächst eine Bäckerausbildung, weil seine verwitwete Mutter es sich nicht leisten konnte, ihn zum Priester ausbilden zu lassen.

1780 kam er nach Wien. Bei einer Wallfahrt nach Rom 1783 nahm er den Namen Klemens an. Dort machte er auch die Bekanntschaft des Redemptoristenordens, für dessen weitere Verbreitung er sich sein Leben lang einsetzte. Dann war er erst 20 Jahre lang in Polen tätig, bevor er nach Wien zurückkehrte. Hier bekam er den Beinamen "Apostel von Wien". Er starb ein Monat bevor die Redemptoristen in Wien wieder zugelassen wurden und Maria am Gestade dem Orden überlassen wurde. Allerdings mit der Auflage, dass man sich um die vielen Tschechen kümmern solle, die zu dieser Zeit nach Wien strömten. So ist es auch noch heute.

Die Gebeine Klemens Hofbauers hat man vom Friedhof in Maria Enzersdorf bei Mödling, wo er zuerst begraben wurde, in die Kirche überführt. 1909 wurde er heilig gesprochen und seit 1914 ist er Wiens Landespatron.


© Bernhard Kauntz, Västerås 2008



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Seite erstellt am 12.10.2008 by webmaster@werbeka.com