Wien 1., Die Franziskanerkirche


Die Franziskaner gehen auf Franz von Assisi und damit ins 13. Jahrhundert zurück. Sie wurden als Bettelorden gegründet, doch bald erhob sich die Frage, wie wörtlich man die Armutserklärung nehmen solle. War es erlaubt, für ältere oder kranke Brüder finanzielle Vorsorge zu treffen? Schließlich kam es zur Aufteilung der Glaubensgemeinschaft, die liberaleren Minoriten bildeten ihren eigenen Orden, während die Franziskaner den alten Konventionen folgten. 1453 kam der erste Franziskaner, Johannes von Capestrano, nach Wien.
Er gründete das erste Franziskanerkloster im heutigen 6. Bezirk. Doch die Ordensbrüder mussten fliehen, als 1529 die Türken Wien belagerten und das Kloster niederbrannten. Es dauerte bis 1589, bis ihnen die Stadt Wien das damals leerstehende Kloster samt zugehöriger Kirche schenkte. Das Haus, an dessen Stelle sich heute das Kloster befindet, war schon 1306 von reichen Bürgern gestiftet worden - und zwar für "leichte Mädchen", die ihr Gewerbe aufgeben und sich bekehren wollten.
1476 wurde an der Weichenburg (daher Weihburggasse) eine Kirche mit sieben Altären eingeweiht, wo früher ein "Pfarrheusl" für das Seelenwohl der Bewohnerinnen gestanden war. Zur Zeit der Reformation verfielen jedoch die Sitten in diesem Haus. 1553 wurde die Stiftung aufgelöst, aber es dauerte noch bis 1572 bevor die letzte Bewohnerin verstorben war. Acht Jahre lang war das Gebäude dann eine Erziehungsanstalt für Mädchen armer Leute.
Als die Franziskaner nun den Besitz bekommen hatten, begannen sie 1603 auch mit einem Umbau der Kirche, die 1611 geweiht wurde. 1614 wurde der Grundstein zum neuen Kloster gelegt.

Die Statuen an der Westfassade sind links Franz von Assisi und rechts Antonius von Padua. In der Mitte, auf dem Giebel des Westportals der Kirche steht Hieronymus, Schutzherr der Kirche. Er ist von zwei Engelsputti umgeben.

Aber gehen wir doch ins Innere der Kirche. Maria mit der Axt ist das Altarbild über dem Hochaltar. Die Statue ist im Jahr 1505 aus Lindenholz geschnitzt worden und hat eine eigene Geschichte. Sie stammt aus Grünberg in Böhmen, das der Familie Sternberg unterstand. Da die Familie inzwischen protestantisch geworden war, wollte man die Statue verbrennen. Man warf sie ins Feuer - doch am nächsten Tag stand sie unversehrt wieder in der Kapelle. Nun rief man den Henker, der das Abbild zerstückeln sollte. Auch das war jedoch unmöglich, weil die Axt in der Schulter Mariens steckenblieb und nicht heraus zu kriegen war. Dort steckt sie noch heute. (Man muss genau hinsehen, aber dann sieht man das große Beil mit dem leicht geschwungenen Stiel.) Damit aber noch nicht genug. Ein paar Jahre später wurde die Madonna von einem gegenreformierten Sternberg im Spiel verloren. Der neue Besitzer, der polnische Baron Turnoffsky schenkte sie 1607 dem Franziskanerkloster. Genau 100 Jahre später bekam sie ihren heutigen Standplatz am Hochaltar.
Der steinerne Aufbau zwischen Altartisch und der Madonnenstatue enthält auch ein Kruzifix, das vom Anfang des 17. Jahrhunderts stammt. Die Holzstatuen links und rechts davon stellen die Heiligen Hieronymus beziehungsweise Franziskus dar und sind typische Beispiele der sogenannten Franziskaner-Schnitzschule. Sie war zwischen 1690 und 1730 tätig und wurde von Laienbrüdern betrieben. Die Gesamtkonzeption für den Hochaltar geht auf den Jesuiten Andrea dal Pozzo zurück.

Eine besondere Sehenswürdigkeit ist die Orgel von Hans Wöckherl, die schon 1642 gebaut wurde und heute die älteste Orgel Wiens ist. Sie ist jedoch aus dem sichtbaren Kirchenraum verschwunden, denn sie steht hinter dem Hochaltar und wird nur jeden Freitag zwischen 15.00 und 15.30 Uhr gezeigt. Außerdem verlangt man dafür sechs Euro Eintritt ...

Die einschiffige Kirche hat an beiden Längsseiten Seitenkapellen, von denen ich zwei zeigen möchte.

               

Links sehen wir die Magdalenenkapelle, die schon 1614 zum ersten Mal geweiht wurde. 1644 und 1722 erfolgten allerdings Neustiftungen. Der Stuckdekor stammt von 1644. Die Malereien im Gewölbe sind noch viel jüngeren Datums, nämlich von 1893. Das Altarbild zeigt die trauernde Maria Magdalena unter dem Kreuz. Es wurde 1725 von Carlo Innocenzo Carlone erschaffen. Das Aufsatzbild darüber zeigt Veronikas Schweißtuch mit dem Antlitz Christi. Es wurde von Wolfram Köberl gemalt und erst 1974 installiert. Die Statuen neben dem Altar stellen Jungfrau Maria und Johannes den Täufer dar. Die beiden obigen Kapellen sind mit Speisegitter versehen, sodass man hier auch die Kommunion reichen konnte.

Eine Immaculatakapelle (Bild oben rechts) gibt es seit dem Bestehen der Kirche, doch diese wurde 1722 neu errichtet. Vorher, seit 1642, stand hier ein Michael-Altar. Aus dieser Zeit stammt noch der Stuckdekor an der Decke. Das Altarbild ist von Johann Georg Schmidt, der es 1721 gemalt hat. Die seitlichen Statuen stellen den Heiligen Joachim und die Mutter Marias dar.
Auch die Capistran-Kapelle, die 1723 gestiftet wurde, ist erwähnenswert. Der seitliche Stuckdekor zeigt auf der linken Seite (Bild) die Verklärung des Johannes Capistran, der, wie gesagt, der erste Franziskaner in Wien war. Rechts sieht man ihn als Bannerträger der christlichen Lehre in den Kriegen gegen die Türken. Beide Stuckbilder stammen aus der Zeit der Stiftung. Das Altarbild von Franz Xaver Wagenschön entstand 1761 und zeigt Capistran in einer Szene aus dem Jahr 1451, in Brescia, als er einen Besessenen heilte.
Auf dem Bild sehen wir auch die Statue des Heiligen Georg, als er gerade den (zugegebenermaßen kleinen) Drachen tötet.
Auf der anderen Seite der Kapelle befindet sich der Heilige Florian, während Clara und Theresia neben dem Altarbild stehen. Hinter dem Altartisch gibt es einen Reliquienschrein aus Glas von etwa 1720, in dem wir ein Wachsbild der Heiligen Hilaria sehen. Die Reliquie soll im Wachs eingeschlossen sein. Hilaria ist eher unbekannt, aber sie war eine Märtyrerin, die von Bischof Narcissus bekehrt wurde. Sie starb im Jahr 304 in Augsburg, auf Geheiß von Statthalter Gajus, weil sie dem christlichen Glauben nicht abschwören wollte. Über die Art des Todes gibt es verschiedene Meinungen.
In der Kirche steht eine Tafel, die behauptet, dass sie am Grab ihrer Tochter verbrannt wurde, während das Heiligenlexikon besagt, das sie in ihrem Haus eingeschlossen und dieses dann angezündet wurde.
In der Kapelle gegenüber, der Kapelle des guten Hirten, befindet sich auch ein Glassarg mit einer Reliquie. Es ist dies das Gerippe des Felix Puer, das die Uniform eines römischen Zenturions trägt.

Als Pendant zur Kanzel, dieser gerade gegenüber, findet man das Monument des Johann Nepomuk. Wir sehen, wie er auf dem Wasser der Moldau fließt, nachdem er in Prag dort hineingeworfen wurde. Er hieß eigentlich "Johann aus Pomuk", auf Tschechisch "ne Pomuk". Die Gemahlin von Kaiser Wenzel IV soll ihn als Beichtvater gewählt haben. Der Kaiser wollte daraufhin wissen, was sie gebeichtet hatte, aber Johann Nepomuk gab das Beichtgeheimnis nicht preis und wurde deshalb ins Wasser geworfen. Die Kaiserin hatte daraufhin eine Erscheinung von fünf Sternen.

(Wir sehen sie auch im Wasser des Monumentes.) Diese Sterne zeigten an, wo man den Leichnam finden konnte. So weit die Legende.
Tatsache ist, dass Johann Nepomuk vom König gefoltert und in die Moldau geworfen wurde. Aber es ging um einen Streit über ein neues Kloster zwischen dem Kaiser und dem Erzbischof von Prag, bei dem Johannes Nepomuk zum Handkuss kam ...

Die Kanzel entstand 1726 und wurde von der Franziskaner-Schnitzschule ausgeführt. An der Brüstung gibt es Holzreliefs von Matthäus, Markus und Lukas. Das Relief des vierten Evangelisten, Johannes, ist an der Kanzeltür angebracht. An der Brüstung sieht man außerdem noch Statuen von Capistran und Bonaventura, während auf dem Schalldeckel Antonius von Padua und Berhardin von Siena sitzen. Ganz oben steht das Standbild des Franziskus von Assisi.

Die Kirchenbänke wurden 1727 - 1729 von Bruder Johann Gottfried Hartmann gebaut und geschnitzt.

© Bernhard Kauntz, Wolvertem 2011


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Seite erstellt am 23.09.2011 by webmaster@werbeka.com