Die galloromanische Villa in Malagne


Malagne liegt in den Ardennen, im Südosten von Belgien. Allerdings ist es ein ganz kleiner Ort, den man kaum auf einer Landkarte finden wird. Das war früher wohl anders, doch darüber später.
Am besten ist es, sich an Rochefort (Käse!) zu orientieren, denn von dort aus sind es nur ein paar Kilometer nach Malagne, das auf einem Hügel im Osten der Stadt liegt. Dort gibt es ein archäologisches Museum, dessen Hauptattraktion eine Villa aus galloromanischer Zeit ist.
Im Empfangshaus, wo man auch die Eintrittskarten lösen kann, gibt es ein kleines Café.
Hier gibt es auch ein paar Vitrinen mit Ausstellungsstücken, die man hier vor Ort gefunden hat. Man sagt allerdings, dass es überraschend wenige Fundstücke gibt. Die ältesten Münzen von hier sind immerhin noch aus Kaiser Augustus (bis 14 n. Chr.) Zeit.
Bei der Rezeption gibt es auch einige Informationsschilder, zum Beispiel über die gallischen Religionsvorstellungen, auch wenn man nicht viel darüber weiß. Leider ist die Information hauptsächlich nur auf Französich, manchmal mit einer kurzen Zusammenfassung auf Flämisch.
Bevor man allerdings zur Villa, oder besser gesagt, zu den Resten der Villa kommt, geht man an einem Kräutergarten vorbei, sowie an anschaulichen Beispielen alter Handwerkskunst. So sind die Lehmöfen tatsächlich geheizt und man kann dort sogar Brot herstellen - und zwar vom Mahlen des Getreides bis zum knusprigen(?) Endresultat.

Das Können der Handwerker war zur Zeit von Asterix möglicherweise sogar größer als in unserer Zeit, in der man im nächsten Supermarkt fabriksfertige Dinge kauft. Damals mussten die Kleider mühsam mit der Hand genäht werden, das Leder dafür erst mit der Hand zubereitet werden, zuvor aber die Felle von den erlegten Tieren abgezogen werden ...
Bevor man Essen kochen konnte, musste man den Lehm vorbereiten, um Kochgeschirr zu formen und es zu brennen. Dafür aber musste man wieder zuerst die Öfen bauen können.

Man musste das Holz fällen und bearbeiten, sodass man es zum Hausbau und für Einrichtungsgegenstände verwenden konnte. Eisen und Bronze mussten hergestellt werden, um Geräte und Waffen zu produzieren, und so weiter.
Als die Römer unter Caesar das Gebiet unterworfen hatten, brachten sie natürlich eine Vielzahl Neuerungen mit, die die Lokalbevölkerung aufgriff, für die das sowohl neue technische Errungenschaften waren, als auch soziale Umgangsformen. In kleinerem Ausmaß wurden die Römer von den Galliern beeinflusst und mit der Zeit vermischten sich dann die ethnischen Unterschiede.

Man geht auch an großzügigen Einzäunungen für Tiere vorbei, die vor etwa 2000 Jahren dort auch schon das Gras gefressen haben, wie Esel, Pferde, Ziegen und andere.
Dann kommt man zu einem Stall, wo die Haustiere ein Dach über dem Kopf fanden und wo man diverse landwirtschaftliche Geräte aufbewahrte.
So ist zum Beispiel das Tribulum ein Erntewerkzeug, das man noch bis vor hundert Jahren verwendete. Das Ding wurde geschoben und zwar von einem kleinen Pferd oder einem Esel. Dahinter ging ein Mann, der das Tier kontrollierte und gleichzeitig mittels der Stangen und Hebelwirkung den Vorderteil des Gerätes höher oder niedriger halten konnte. Ganz vorne befinden sich Spitzen, um die Ähren des Getreides aufzufangen und es in die sich verjüngenden Zwischenräume zu schieben. Dort wurden die Köpfe mit den Körnern abgerissen und fielen in einen Auffangkasten, während das Stroh am Acker stehen blieb und nachher geschnitten wurde.
Daher hatte man später beim Dreschen schon viel weniger unnützes Material - sofern man in dieser Zeit überhaupt von unnützem Material sprechen kann, weil man alles wieder verwendete.

Im Boden des Stalles kann man heute noch die zweitausend Jahre alten Steine seines Vorgängers sehen - und wie vermutlich schon damals, nisten auch heute noch Vögel im Dachgebälk.

Schließlich geht es über einen leichten Anstieg hinauf zur Villa. Diese wurde etwa im Jahr 50 unserer Zeitrechnung erbaut und war bis 259 bewohnt. Dann aber fiel sie, wie viele andere solcher Häuser, der Expansion von germanischen Stämmen zum Opfer. Sie wurde abgebrannt und noch eineinhalb Jahrhunderte lang als Schmiede verwendet. Später diente das Bauwerk als Steinlieferant für die Lokalbevölkerung.
Schon Ende des 19. Jhd. wurden die Reste archäologisch wiederentdeckt und seit 1996 touristisch ausgenützt.
Was mich am meisten verwundert, ist das große Areal, das die Villa bedeckte. Hier gab es wirklich alles, von Kellern über Badeanlagen bis zum Kultraum. Das Bad war nach typisch römischer Art angelegt, mit einem warmen und kalten Becken, sowie einem Schwitzraum.
Man hat keine Ahnung, wer der Besitzer des Hauses war. Allerdings kann man vermuten, dass es ein Mann gehobener Stellung war, vemutlich ein Großgrundbesitzer, der das umliegende Areal durch Ackerbau, Viehzucht und Metallbearbeitung ausnützte.

Und auch wenn uns am Rückweg von der Villa ein Gewitter überfiel, sodass wir im Stall Obdach suchen mussten, nach einer halben Stunde dann trotzdem weiterliefen und patschnass wurden, waren dies ein paar erlebnisreiche Stunden.

Copyright Bernhard Kauntz, Wolvertem 2009



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