900 Jahre Meusegem
Meusegem ist ein Nest. Ein ganz kleines Dorf, etwa 20 Kilometer nordwestlich von Brüssel. Neuerdings hat man eine Reitschule gebaut, die den Ort wenigstens nicht ganz bedeutungslos erscheinen lässt. Eine Kirche gibt es auch. Punkt. Nicht einmal ein Wirtshaus, glaube ich. Es untersteht kirchlich der Pfarre Wolvertem, politisch der Gemeinde Meise, wobei Meise, eine Vorstadt von Brüssel, mit seinen achtzehntausend Einwohnern im Vergleich mit Meusegem wie eine Großstadt wirkt. Damit haben Sie ein gutes Bild von der Wichtigkeit des Ortes.
Nun sah ich auf meinen Radtouren verschiedene Plakate, auf denen man aufmerksam gemacht wurde, dass Meusegem 900 Jahre alt geworden war und dass man das an einem Wochenende im Mai feiern würde. Gut. Nachdem es mehr oder weniger um die Ecke liegt, habe ich mein Rad gepackt und bin hingefahren. Viel hatte ich ja gar nicht erwartet. Aber vielleicht wenigstens ein Ringelspiel für Kinder und ein paar Verkaufsstände mit Krimskrams.
Weit gefehlt! Ein Bierzelt gab es.
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Dort standen gerade sechs Leute um die Ausschank herum und drei weitere saßen an einem der Tische. Zur Entschuldigung muss gesagt werden, dass es saukalt war und dass man am folgenden Tag auch einen Flohmarkt organisieren würde. Außerdem gab es eine Ausstellung in der Kirche. Nun, wenn ich schon dort war, hinein ...
Und jetzt kam die Überraschung! Die Kirche war proppvoll von Montern und Ausstellungswänden. Das ganze Mobilar der Kirche hatte man ausgeräumt und ein richtiger Irrgarten war entstanden, vollgepfercht mit Bildern, Geschichte und Kunsthandwerk der Bevölkerung. Liebevoll ausgedacht und bestens organisiert. Ewig schade, dass nicht viel mehr Menschen nach Meusegem gekommen sind, um daran teilzuhaben!
Ein paar Details von dieser Ausstellung möchte ich Ihnen nicht vorenthalten:
Die Geschichte der Gegend beginnt mit dem Fund einer Steinaxt von etwa 4000 vor Christus, dann aber geht es schnell ein paar tausend Jahre weiter - bis zur Römerzeit, aus der man mehrere Grabhügel gefunden hat. Interessant ist auch die Beschreibung, wie diese Hügel entstanden und warum sie heute so schwer zu entdecken sind. Sie hatten sich ursprünglich durch viele Beerdigungen am selben Platz aufgetürmt, hatten sich aber im Laufe der Jahrtausende dem Niveau des umherliegenden Geländes angepasst. Alles ist mit viel Fürsorge und sehr ausführlich beschrieben, aber um alle Texte vor Ort lesen zu wollen, bräuchte man wohl den ganzen Tag.
Von den Römern geht es weiter zur "Burg", die sich um die erste Jahrtausendwende in der Gegend befand.
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Es war dies keine Ritterburg, sondern nur ein mit einem Zaun verstärktes Holzhaus auf einem Hügel, das gegen die Raubzüge der Wikinger etwas Schutz geben sollte. Zu dieser Zeit herrschten hier die Feudalherren von Museghem.
Aus 1294 stammt dann das erste bewahrte Siegel aus der Nachbargemeinde Wolvertem. Dann gibt es noch ein Verzeichnis über fast alle Priester von Meusegem, samt diversen Notizen einiger von ihnen. Auch kirchliche Dokumente wurden ausgestellt, nicht zuletzt über den Streit mit einer anderen Nachbargemeinde, Imde, über das "allerheiligste Sakrament".
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Es würde natürlich viel zu viel Zeit kosten, über alle diese Dokumente zu berichten und würde auch den Rahmen dieses Artikels sprengen. Aber es war interessante Information. Es sei auch noch erwähnt, dass den vier größten Pachthöfen der Gemeinde eine nähere Beschreibung gewidmet war. So viel jedoch zur allgemeinen Geschichte.
Dann gab es verschiedene Ausstellungsmonter, die das Kirchensilber zeigten, sowie diverse Kirchengewänder, mit genauen Erklärungen, wann und wofür sie verwendet werden. Selbstverständlich wurden auch die wichtigsten Kirchenbestandteile, wie Altar, Orgel und Kanzel genauer beschrieben, auch wenn man davon durch die Ausstellung nur wenig zu sehen bekam.
Danach folgte der "weltliche" Teil der Ausstellung, der hauptsächlich aus Eulen bestand. Sie wurden von der Ortsbevölkerung gesammelt, oder aus Keramik selbst hergestellt, oder auch gezeichnet und gemalt. Warum es Eulen sind, habe ich nicht herausgefunden. Vielleicht sind sie aber auch ein Symbol für "Mäusegem", da sie bekanntlich mit Vorliebe diese Nager konsumieren.
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Nicht zuletzt stellte man auch den Weltmeister des Ortes vor, den Radrennfahrer Miel van Counter, der in den Fünfzigerjahren seine großen Erfolge feierte.
Auf jeden Fall war diese Ausstellung ein liebevolles Werk einer kleinen Gemeinde, dem viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde.
Copyright Bernhard Kauntz, Wolvertem 2012
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