Das Sportimonium - ein Sportmuseum


Das Sportimonium liegt in Hofstade, einem Bezirk von Mechelen. Es ist ein Museum für Sport - mit einer eigenen Abteilung für die Olympischen Spiele. Eigentlich hat es eine gute Lage, denn hier in Hofstade hat man schon in den Dreissigerjahren einen Sandstrand aufgeschüttet, zu dem die Leute aus nah und fern kommen, um zu baden. Und wenn man schon den ganzen Tag am Strand liegt, dann findet man doch auch eine Stunde oder zwei, um das Museum zu besichtigen? Weit gefehlt. An diesem Sonntag sind gerade einmal zwei Leute drinnen, während draussen Tausende in der Sonne schmoren. Es liegt sicher nicht am Eintritt, der kostet gerade einmal vier Euro - für Jugendliche unter 26 Jahren gar nur einen Euro.
Dabei verfliegt die Zeit, wenn man wohl im Museum ist. Es ist nämlich nicht allein eine Ausstellung, sondern auch ein Aktiv-Museum, wo man selbst probieren darf. Zunächst kommt man jedoch in einen traditionellen Teil, der die Entwicklung des Sports zeigt.
Sport - damit hat man in moderner Zeit im 19. Jahrhundert begonnen. Damals waren es vor allem die Söhne reicher Familien, die dafür Zeit (und Geld) aufbrachten.
Erst als ein paar Jahrzehnte im vorigen Jahrhundert vorbei waren, erreichte der Sport auch die breite Bevölkerung.
Es ist schon interessant, eines der ersten "Fahrräder" zu betrachten, die die Pedale am hohen Vorderrad hatten, während das Hinterrad nicht einmal ein Viertel dieser Höhe erreichte. Man stellt sich automatisch die Frage, wie in aller Welt die Leute da hinaufsteigen konnten. Aber auch spezielle Dinge fangen das Auge, wie zum Beispiel die Handschuhe des belgischen Fussballtormannes Jean-Marie Pfaff.

   

Er hat heute noch einen Heldenstatus in seiner Heimat. Und weil wir schon beim Fussball sind, ist auch der Ball, der noch genäht und nach dem Aufpumpen zusammengeschnürt wurde, ein Relikt aus alter Zeit. Schrecklich, dass ich in meiner Jugend selbst noch mit solchen Bällen gespielt habe ...
Schliesslich gibt es auch noch diverse Plakate aus grauer Vorzeit, die oft ein Lächeln, manchmal aber auch ein bisschen Nachdenken hervorrufen.
Hat man in diesem Teil genug gesehen, wird man in den Spielpark dirigiert. Eine Museumsangestellte kommt mit, holt die nötigen Utensilien hervor und erläutert auch ein wenig Hintergrund zu den verschiedenen Spielen. So ist das gewöhnliche Kegeln, mit nur neun Kegeln, aus Europa nach Amerika ausgewandert, wo das Spiel aber verboten wurde. Ein erfindungsreicher Mann stellte daher einen zehnten Kegel dazu und introduzierte auf diese Art ein neues Spiel - das Bowling, das dann von Amerika aus die Welt eroberte.
Hier gibt es auch einen Grossvater vom Billardspiel, das in grosser Skala und noch auf dem Erdboden gespielt wurde, weiters gibt es ein Zielwerfen, oder besser gesagt -rollen, bei dem man punktbewertete Hölzer umwerfen muss, und noch viele Dinge mehr. Auch einen Vorgänger des Curling kann man hier finden, bei dem allerdings nicht auf Eis gespielt wird und die Steine ausserdem nicht geschoben, sondern gerollt werden. Die Steine sind scheibenförmig, aber auf einer Seite ein wenig mehr abgerundet.
Das bedeutet, dass man sie nicht direkt gegen das Ziel rollen kann, sondern damit einen Bogen beschreiben muss. All das darf man alles selbst probieren und es kostet keinen Groschen.

  

Hat man dann vom Spielen genug, kann man wieder ins Museum hinein gehen und dort die olympische Abteilung bewundern. 1920 fanden die Spiele in Antwerpen statt und man verwendete zum ersten Mal die olympische Flagge mit den fünf Ringen.

Eine davon gibt es im Sportimonium. Zu dieser Zeit wurden die Ringe noch mit der Hand gemalt! Es ist schon toll, so ein fast hundertjähriges Ding vor Augen zu haben. Auch der olympische Eid wurde in Antwerpen zum ersten Mal gesprochen. Dennoch waren die Spiele eher eine Enttäuschung, weil das Publikum nicht so interessiert war. Die Arbeiterklasse hatte kein Geld für solche Belustigungen. Nur Fussball und Rad fahren wurde grösseres Interesse teil.
Ausserdem waren die sportlichen Voraussetzungen nicht die allerbesten.

Für die Sprints gab es keine Startblöcke, sondern die Teilnehmer mussten Gruben in die Bahn graben, um einen schnelleren Start haben zu können. Das "Schwimmstadion" war in einem Kanal untergebracht, der von der Nordsee her bis Antwerpen führte. Das Wasser war schmutzig und voller Ratten ...
Auch die Akkreditierung ging damals einfacher. Ein Formular auf dem Nationalität, Startnummer und Familienname eingetragen wurden, war alles was man brauchte. Allerdings war das 1908 in London gültig - mit der Zeit ist es wohl auch besser geworden.
Andererseits ist der "Reisepass" rechts oben immerhin schon aus dem Jahr 1936 und noch weit entfernt von unseren heutigen Pässen. Aber dann wieder braucht man heute keinen Pass, um von Belgien nach Deutschland reisen zu dürfen - und zeitbegrenzt ist der Aufenthalt auch nicht.
Hier kann man dann auch endlich die gefügelten Worte sehen, die Pierre de Coubertin 1908 in London geäussert hat. "Nicht siegen, dabei sein ist wichtig", überliefern wir normalerweise. Das ist aber nur der erste Teil seiner Aussage. Für nicht Französischkundige hier ein Versuch zur ganzen Übersetzung.
"Das Wichtige bei den olympischen Spielen ist weniger, dort zu gewinnen, als teilzunehmen. Das Wichtige im Leben ist nicht beim Triumph alles zu geben, sondern beim Kampf; es ist nicht von belang, gewonnen zu haben, sondern gut gekämpft zu haben."
Die Medaillensammlung in der olympischen Abteilung des Sportimoniums soll auch nicht unerwähnt bleiben. Seit Athen 1896 bis Athen 2004 gibt es von jedem der Olympischen Sommerspiele eine Medaille zu sehen. Die späteren werden wohl noch folgen.
Hat man sich in der Olympiagalerie genug umgesehen, kann man noch eine vierte Abteilung besuchen, die den Besucher wieder aktiv fordert. Hier hat man Gelegenheit, sich an den Resultaten belgischer Spitzenathleten zu messen. Diese haben alle Übungen schon getan - und ihre Resultate liegen dort auf. Man sollte natürlich nicht erwarten, dass man mit gut trainierten Menschen mithalten kann - es ist aber interessant genug.
Weitsprung aus dem Stand, Lungenkapazität, Gleichgewichtsübungen, Schnelligkeit und viele andere Dinge stehen auf dem Programm. Wie oft können Sie mit einer Hand in dreissig Sekunden abwechselnd zwei Sandsäcke antippen? Was sagt Ihr Herz, wenn Sie mit vorgegebener Zeit und Belastung auf einem Fahrrad fahren müssen?

Insgesamt ist das Sportimonium eine Erlebniswelt für Körper und Geist, etwas, das Sie sich nicht entgehen lassen sollten, wenn Sie in die Nähe kommen.


© Bernhard Kauntz, Wolvertem 2012



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