Saint-Valery sur-Somme
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Diese Seite ist Annie und Guy gewidmet, unseren lieben Gastgebern während eines wunderbaren Wochenendes. Danke vielmals!
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Vermutlich haben Sie von St. Valery noch nie etwas gehört. Vielleicht kennen Sie die Somme, das ist ein Fluss in Nordfrankreich. St. Valery ist eine Ortschaft von kaum dreitausend Einwohnern an der Mündung der Somme, wo die Gezeiten alle paar Stunden die Landschaft verändern.
In der Tat sind es die Gezeiten, die für eine Spezialität von St. Valery verantwortlich sind. Es geht um das "vorgesalzene Lammfleisch". Vorgesalzen? Ist es dann nur eine Frage der Kochkunst? Überhaupt nicht, sondern viel besser. Wenn die Flut kommt, fließt sie über das Schwemmland und hinterlässt Salzwasser, das vom Gras aufgenommen wird. Die Schafe fressen dann dieses Gras, sodass sogar ihr Fleisch davon beeinflusst wird. Es hat wirklich einen anderen Geschmack und sieht gut aus, wenn es von einer Meisterhand zubereitet wurde.
Gut - aber das ist ein natürliches Ereignis, von dem die Lokalbevölkerung Nutzen zieht. Kann in solch einem kleinen Ort sonst noch etwas Interessantes sein?
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Ja, das ist möglich! Ehrlich gesagt ist das Dorf voller geschichtlicher Ereignisse. Menschen lebten hier schon in vorgeschichtlicher Zeit. Es wird behauptet, dass die Griechen etwa 700 v.Chr. hier eine Niederlassung errichteten, die Leuconaus genannt wurde.
Allerdings haben die Archäologen das nie beweisen können. Zwei Jahrhunderte später regierten hier die Gallier, bis sie 52 v.Chr. von den Römern unterworfen wurden.
Ein halbes Jahrtausend später kamen die Franken, die sich hier niederließen und mit der Lokalbevölkerung vermischten. Raubfahrten der Wikinger hinterließen ein wenig nordisches Blut in diesem Schmelztiegel der Nationalitäten.
Im Jahr 611 kam Gualaric der Mönch (auch als Walaric oder Valery bekannt), um die christliche Lehre zu verbreiten. Er lebte dann als Eremit und wurde mit der Zeit St. Valery. Er wurde dort begraben, wo heute die St. Valery-Kapelle steht. Die heutige Kapelle wurde allerdings 1878 neu erbaut. Im Jahr 622, fünf Jahre nach seinem Tod, gründeten seine Schüler eine Abtei und verwahrten dort seine Gebeine als Reliquien. Die Abtei wurde im 8. und 9. Jahrhundert öfter von den Wikingern gebrandschatzt und die Reliquien des Gualaric wurden verkauft. Hugues Capet eroberte sie 981 von Arnould de Flandres zurück.
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Jetzt veränderte der Ort auch seinen Namen - von Leuconaus auf St. Valery.
Es ist bekannt, dass St. Valery schon vor der ersten Jahrtausendwende eine Burg hatte und so früh wie im 11. Jahrhundert auch eine Stadtmauer. Die Burg ist heute nur als Ruine erhalten und steht außerdem auf privatem Besitz. Aber der Rest der mittelalterlichen Stadt ist wohl bewahrt und absolut einen Besuch wert.
Die St. Martins-Kirche wurde im 15. Jahrhundert erbaut, aber sie hat Vorfahren die mindestens bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts zurückgehen, denn da wurde die alte Kirche schon erwähnt.
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Aber das 11. Jahrhundert machte noch mehr Geschichte hier. Im Jahr 1066 musste der Herzog der Normandie, William, mit seiner Flotte im Hafen von St. Valery Schutz suchen, weil sehr schlechtes Wetter es unmöglich machen, den Ärmelkanal zu überqueren. Aber als die Winde drehten fuhr er von hier hinüber nach Hastings in England. Dort besiegte er König Harold und wurde der Eroberer von England. Am Weihnachtstag desselben Jahres wurde er zum König gekrönt. Die beiden mächtigen Türme an der Ostseite der Altstadt bezeichnet man als die Türme des Guillaume (Guillaume = William).
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Es wird behauptet, dass sie schon dort standen, als William in die Stadt verschlagen wurde. Sie wurden als vermutlich zu seinen Ehren so benannt. Auch heute gibt es am ersten Wochenende im Juli einen Festival, wenn ganz St. Valery wieder mittelalterlich wird, um sich an vergangene Zeiten zu erinnern.
Trotz seiner guten Befestigungen wurde St. Valery von Richard Löwenherz eingenommen. Dieser englische König wird oft als Held gesehen, aber das war er wirklich nicht. Er revoltierte gegen seinen Vater und er ließ alle Juden in London töten. Als er am dritten Kreuzzug teilnahm, waren seine Greueltaten allbekannt - und schließlich betrog er die beiden anderen Anführer des Kreuzzuges, Frankreichs König Philipp II und Herzog Leopold von Österreich. Letzterer überraschte Richard jedoch auf der Rückreise und hielt ihn auf der Festung Dürnstein gefangen.
Natürlich gab es zwischendurch immer wieder Perioden in denen es mehr oder weniger friedlich war, aber schon der Hundertjährige Krieg brachte neue Probleme nach St. Valery.
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Im Jahr 1430 wurde Jeanne d'Arc von den Engländern durch die Stadt geführt, auf dem Weg nach Rouen, wo sie dann am Scheiterhaufen verbrannt wurde. Sie verbrachte hier eine Nacht in einer Zelle, auf dem Bild oben, links vom Stadttor. 1475 ließ der französische König Ludwig XI die Stadt niederbrennen, weil er nicht wollte, dass sie in die Hände der Burgunder fiel, die auf der Seite der Engländer standen.
Am Ende des 16. Jahrhunderts brachten die Religionskriege zwischen Protestanten und Katholiken neuen Ruin in die Stadt, bevor sich die Situation im 17. und 18. Jahrhundert entschärfte. Nun begann die Stadt sich nach unten, an den Rand des Wassers, auszudehnen. In einem dieser Häuser würde später der Verfasser Jules Verne wohnen. Heute ist das Haus (rechts im Bild) ein Museum.
Im 18. Jahhundert wurden zwei - zu dieser Zeit sehr moderne - Schiffswerften gebaut und der Hafen entwickelte sich zu einem Handelszentrum. St. Valery überstand die Französische Revolution recht gut, keine der beiden Seiten ermordete jemand hier.
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Aber die Ortschaft hat noch mehr zu bieten, als eine mittelalterliche Stadt und geschichtliche Fakten. Am Anfang haben wir über die Gezeiten gesprochen, die folgenden Bilder zeigen Ihnen, welchen Unterschied Ebbe und Flut bedeuten.
Schauen Sie einmal, wo bei Ebbe die Stufen beginnen ... wenn die Flut hereinkommt, hat sie das Wasser schon erreicht. Ebenso erstaunlich ist die Geschwindigkeit mit der das Wasser kommt und geht. Die Strömung ist genauso schnell wie ein galoppierendes Pferd!
Seit 1958 gibt es schmalspurige Dampfeisenbahn.
Sie transportiert die Touristen über die ganze Bucht der Somme, auch wenn der Fahrplan nicht allzu intensiv ist. Der Bahnhof hat dafür ziemlich große Dimensionen ... Andererseits kommen jährlich etwa 35.000 Touristen nach St. Valery.
Es gibt auch noch das Picardy Museum, das mehr als 6000 Gegenstände ausstellt, die früher im Alltag verwendet wurden. Sich um die Kranken zu kümmern zeichnet St. Valery ebenfalls aus. Schon im 12. Jahrhundert wurde ein Lepra-Haus erbaut. Seit 1518 betreuten Dominikanernonnen die Kranken und 1666 übernahmen Augustinernonnen diese Arbeit.
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Letztere bauten auch das Krankenhaus, das heute noch durch seine Größe imponiert. Es wurde genau 300 Jahre lang als Spital verwendet.
Natürlich ist in einer Stadt wie St. Valery der Hafen sehr bedeutungsvoll. Im 18. Jahrhundert hatte er für etwa 200 Ozeangänger Platz. Aber der Hafen versandete schnell und anfangs des 20. Jahrhunderts konnten ihn nur noch kleine Schiffe und Yachten benützen. 1846 wurde ein Bootverein gegründet, der in unseren Tagen ein Yachthaus, eine Bar und ein Restaurant betreut. In der heutigen Marina sind etwa 250 Ankerplätze vorhanden.
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Eine letzte Überraschung ist die Stille, die Sie in der Nähe des Wassers erleben. Es scheint, als ob der Lärm von der weitflächigen Leere weggetragen würde. Wenn Sie ein paar Tage brauchen, um Ihren Stress abzubauen, oder Ihre Seele baumeln zu lassen, kann ich Ihnen einen Aufenthalt in diesem bezaubernden Ort nur empfehlen.
© Bernhard Kauntz, Wolvertem, Belgien 2012
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