Das Baptisterium beim Dom in Florenz
| Man kann ein erstauntes "Oh!" nicht unterdrücken, wenn man um die letzte Ecke biegt und plötzlich die Dreieinigkeit von Dom, Glockenturm und Taufkapelle vor sich sieht. Natürlich hat man Bilder gesehen, mit der typischen Kuppel der Kirche, der goldenen Kugel mit dem Kreuz, die auf der Laterne der Kuppel angebracht sind. Natürlich steht dann auch der Campanile neben der Kirche, aber diese Bilder sind meistens von irgendeinem Dach aus aufgenommen. Zugegeben, auch dann beherrscht die Kirche das Stadtbild, doch wenn man die drei Gebäude aus der Bodenperspektive sieht, wird man von ihrer Abstimmung aufeinander überwältigt. Leider ist es aus Platzgründen unmöglich, ein gutes Foto von allen drei Schönheiten zu machen, deshalb sieht man hier nur die Westfassade des Domes. Aber diese ist doch eindrucksvoll genug, oder?
Aber beginnen wir erst einmal beim Anfang ... |
| Am Anfang war das Baptisterium. Schon im fünften Jahrhundert soll an dieser Stelle eine Kirche gestanden haben. Wenn die Florentiner recht haben, gab es dort sogar schon einen römischen Tempel zu Ehren von Mars, der zu einer Kirche "umfunktioniert" wurde. Letzteres ist allerdings nicht bewiesen, man will sich damit nur auf die Römer berufen, um zu zeigen, wie alte Traditionen die Stadt hat. Mitte des 11. Jhd. begann man mit dem Bau des heutigen Baptisteriums, das 1059 von Papst Nikolaus II eingeweiht wurde. Mit der Zeit wurde es erweitert und bekam im nächsten Jahrhundert eine Kuppel, die 1174 mit der Laterne gekrönt wurde. Dante Alighieri nannte das Bauwerk seinen "Bel San Giovanni". Jede der acht Seiten ist in je drei mal drei Flächen gegliedert und besteht aus weißem und grünem Prato-Marmor.
Berühmt wurde das Baptisterium aber nicht zuletzt durch seine drei Türen, die in den folgenden Jahrhunderten entstanden sind. Andrea Pisano schuf 1330 das heutige Südportal.
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| Ursprünglich war dieses Bronzetor an der Ostseite, der Kirche gegenüber, angebracht worden. Zwanzig der sechs mal vier Platten zeigen Szenen aus dem Leben Johannes des Täufers, während die zwei untersten Reihen die Tugenden darstellen, auf dem Bild links die Bescheidenheit. Das Nordportal wurde 1401 an Lorenzo Ghiberti (unter anderem in Konkurrenz mit Bruneschelli) in Auftrag gegeben. Es zeigt Szenen aus dem Neuen Testament, sowie in den untersten Reihen die vier Evangelisten und vier Kirchenväter.
Ghiberti bekam dann auch den Auftrag für die Ostpforte, die er ebenfalls in der ersten Hälfte des 15. Jhd. entwarf. Sie besteht aus zehn vergoldeten Platten mit Szenen des Alten Testaments. Sie wird die Paradiespforte genannt, nach einem Ausspruch Michelangelos, der gemeint hatte, dass dieses Tor so schön war, dass es sogar zum Paradies führen könne.
Sämtliche Originale sind heute im Dommuseum zu sehen.
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| Aber nicht nur die Tore machen die Taufkapelle sehenswert. Das nächste "Oh!" ist fällig, wenn man das Baptisterium betritt und den Blick zur Kuppel erhebt, auch wenn man kein tiefgläubiger Christ ist. Die Mosaike, die dort angebracht sind, sind einfach großartig, selbst wenn man den näheren Aufbau nicht gleich erfasst. Über der Stelle, wo der Taufbrunnen stand, sieht man die monumentale Gestalt von Christus beim Jüngsten Gericht. Rechts von ihm gesehen sind die Seelen, die in den Himmel aufgenommen werden, während links die Verdammten in der Hölle verweilen müssen. Dies nimmt, grob gesehen, ein Drittel der Kuppel ein. Die anderen fünf Achtel sind kreisförmig angeordnet und zeigen in ihrem innersten Kreis die Engelshierarchie. Im Halbkreis danach folgen Szenen aus der Genesis, dann Szenen aus dem Leben Josephs. Der nächste Abschnitt zeigt Szenen aus dem Leben von Maria und Jesus, während Johannes der Täufer den äußersten Rand beansprucht.
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Wie außen, so ist auch jede der acht Wände des Baptisteriums in drei Teile geteilt. Vermutlich sind die monolithischen Granitsäulen, die man zur Trennung verwendet hat, die Reste eines Tempels aus der Römerzeit. Sie wechseln sich mit kannelierten Marmorpilastern ab. In der Empore sind es Mauerstreifen aus Marmor, auch Lesenen genannt, die die zweibögigen Öffnungen zum Innenraum voneinander trennen.
Der Boden besteht aus Einlegearbeiten, die an orientalische Ornamentik erinnern, was erstaunlich wirken mag, aber dennoch nicht verwundern sollte.
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Die islamisch-orientalische Gesellschaft war doch gerade im Mittelalter kulturtragend und hat sicher auch ihren Einfluss in Italien ausgeübt, nicht zuletzt durch das Byzantinische Reich.
Auch die Apsis, die im Jahre 1202 entstanden ist, weist auf byzantinischen Einfluss in der Ornamentik. Das Gewölbe wurde bald danach vom Franziskanermönch Jacopo mit einem Mosaik versehen, das in einem großen Kreis Propheten und Patriarchen um das Lamm Gottes zeigt.
Die Inneneinrichtung ist im Laufe der Jahrhunderte oft verändert worden und ist heute zum Teil im Dommuseum zu sehen. Die berühmte Magdalena als Büßerin, von Donatello, gibt es dort, wie auch einen Barockaltar aus der ersten Hälfte des 18. Jhd.
Der Tribünenaltar stammt zwar erst von 1914, wurde aber mit den Originalteilen des 13. Jhd. wieder hergestellt, nachdem man ihn 1731 abgetragen hatte. |
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Einige Gräber sind hier auch heute noch zu sehen, von denen das spektakulärste wohl Kardinal Balthasar Cossa gehört, der zwischen 1410 und 1415 als Johannes XXIII zweiter Gegenpapst war und 1419 in Florenz starb.
Die Zustände, die das katholische Oberhaupt am Anfang des 15. Jhd. betrafen, waren ärger als jede Seifenoper von heute. Es begann damit, das Papst Gregor XI den Heiligen Stuhl von Avignon nach Rom zurückführte. Bei seinem Tod im Jahr 1378 wurde Urban VI als Papst in Rom sein Nachfolger. Das passte jedoch den französischen Interessen sehr wenig, da man das Papsttum in Frankreich behalten wollte. Deshalb wählte man Clemens VII zum Papst. Dieser saß nun in Avignon als Gegenpapst. Urbans Nachfolger in Rom wurden Bonifatius IX, Innozenz VII und Gregor XII, während Benedikt XIII in Avignon auf Clemens VII folgte. Bis 1409 geschah nun gar nichts, sondern die Welt lebte auch unter zwei Päpsten weiter. |
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Interessant wurde es wieder, als man in diesem Jahr in Pisa ein Konzil zusammenrief. Dieses Konzil erklärte die beiden Päpste als abgesetzt und wählte Alexander V zum neuen Papst, der schon im Jahr darauf starb und von dem hier im Baptisterium begrabenen Johannes XXIII ersetzt wurde. Leider erkannten die beiden anderen Päpste die Wahl des Konzils nicht an, sodass man nun ganze 3 Päpste hatte. Alle drei sahen sich als rechtmäßiger Papst und waren, den katholischen Dogmen nach, unfehlbar. Oh Gott ...
In diesem Zusammenhang entbehrt es nicht an Pikanterie, dass Johannes XXIII bei seiner Wahl nicht einmal Priester war. Die Priesterweihe holte man innerhalb einer Woche nach, am Tag darauf wurde er schon zum Bischof geweiht und noch am gleichen Tag zum Papst gekrönt. Erst 1417 beendete das Konzil von Konstanz das sogenannte Abendländische Schisma, indem man alle drei Päpste als illegal erklärte und Martin V zum neuen Papst wählte.
Damit war es aber noch nicht zu Ende. Benedikt XIII weigerte sich abzudanken und ernannte vier Kardinäle, die ihrerseits seinen Nachfolger wählen sollten. Diese vier konnten sich aber nicht einigen. Drei von ihnen wählten Clemens VIII, während der Vierte Benedikt XIV zum Papst ernannte. Dieser war sozusagen der Gegenpapst des Gegenpapstes! Praktische Bedeutung hatte dies aber nicht mehr, denn inzwischen hatten fast alle Länder Martin V als Papst anerkannt.
Ach, wie lächerlich ist doch das Streben nach Macht in dieser Welt - und doch geht es unverdrossen weiter. Wann wird man bei Führungspositionen endlich den Verstand zum Kriterium machen? Dann hätten wir uns heute sicher auch den sechzehnten Gepriesenen erspart ...
Doch nun schnell zurück zum Baptisterium.
Das Grabmal unseres ehrenwerten Balthasars wurde von seinen Erben in Auftrag gegeben und von Michelozzo und Donatello erschaffen.
Die Gruppe auf dem Bild rechts soll ein Beispiel für die wenigen Skulpturen sein, die wir in der Taufkapelle finden. Hier steht Johannes der Täufer und belehrt einen Pharisäer und einen Leviten. Johannes der Täufer kehrt immer wieder als Thema zurück, was bei einer Taufkapelle kein Wunder ist, wenn sie außerdem noch nach ihm benannt ist - San Giovanni. Letztendlich ist Johannes der Täufer auch der Stadtpatron von Florenz.
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