Die Wachau - Wein, Marillen und Geschichte

Eine Schifffahrt auf der Donau



Wir beginnen unsere Fahrt auf der Donau in Melk, nachdem wir das dortige Kloster besucht haben. Es ist schon Nachsaison, daher sind kaum andere Passagiere an Bord. Das ist für unsere Donaufahrt aber keineswegs ein Nachteil, denn so kommen wir zum besten Platz auf dem Schiff, ganz vorne im Restaurant, wo man durch die großen Fenster die beste Aussicht nach beiden Seiten hat.
Die Wachau, die übrigens auf der letzen Silbe betont wird, bezeichnet das Tal der Donau von Melk bis Krems und ist heute ein Weltkulturerbe der UNESCO. Da die Donau sich durch die umgebenden Berge einen Weg gesucht hat, ist die Landschaft zu beiden Seiten von Hügeln umgeben.
Außerdem ist sie von geschichtlichen Orten und Gebäuden gesäumt. Die Donau selbst, nach der Wolga der längste Fluss Europas, hat hier etwa ein Drittel ihres Weges zum Schwarzen Meer zurückgelegt und ist schon ein ehrfurchterregender Fluss. Außerdem ist sie der einzige Fluss der Welt, der nicht weniger als zehn Länder durchfließt.
Die erste Sehenswürdigkeit, an der wir vorbeifahren, ist Schloss Schönbühel. Den Namen hat das Gebäude von seinem Gründer, Marchwardus de Schoenbuchele, der hier auf dem vierzig Meter hohen Felsen im 12. Jahrhundert eine Festung errichtete. Vermutlich befand sich schon zur Römerzeit eine Festung hier, als Teil des Limes, der Grenzschutzlinie der Römer.
Um 1400 kam das Schloss in den Besitz der Familie Starhemberg, in deren Besitz es mehr als 400 Jahre lang blieb. Ernst Rüdiger von Starhemberg war einer der wichtigsten Verteidiger Wiens während der Zweiten Türkenbelagerung der Stadt.
Auch heute ist das Schloss, nach diversen Verkäufen und Enteignungen, wieder in Privatbesitz, nämlich der Familie Seiler-Aspang.
Die nächste Sehenswürdigkeit, bei der wir tief in die Geschichte eintauchen müssen, ist die Burgruine Aggstein. Hoch oben auf dem Felsen, etwa dreihundert Meter über dem Fluss, ist sie dennoch erkennbar. Auch diese Festung wurde zu Beginn des 12. Jahrhunderts errichtet. Die zeitmäßige Übereinstimmung kommt daher, dass zu dieser Zeit eine Migration nach Südosten stattfand. Auch Wien wurde damals wieder stärker besiedelt, nachdem das alte Römerlager Vindobona verfallen war.
976 wurde Luitpold (Leopold) als Markgraf von Ostarrichi bestätigt, was die erste geschichtliche Bezeichnung Österreichs ist. Luitpold, aus dem Geschlecht der Babenberger, dehnte im Kampf gegen die Ungarn die Ostgrenze immer weiter aus, sodass das Gebiet an der Donau sicher und zur Besiedlung frei wurde.
Aber zurück nach Aggstein: Ein Enkel von Markgraf Leopold kam im 11. Jahrhundert in die Gegend und erwarb einige Landbesitze, sogenannte Hufe, darunter auch Aggstein. Die Familie, als Kuenringer bekannt, besaß die Burg bis ins 14. Jahrhundert. Sie war, trotz ihrer Lage, in dieser Zeit zwei Mal eingenommen worden. Man glaubt, dass sie nicht erobert, sondern ausgehungert wurde. 1429 bekam Scheck vom Wald die Burg als Lehen und baute sie neu auf. Er wurde bald im Volksmund "Schreckenwald" genannt, weil er sich zum Raubritter entwickelte. Statt von den Donauschiffen Maut zu verlangen, raubte er sie aus. Das hatten vor ihm schon die Kuenringer gemacht, dadurch dass sie Ketten über die Donau gespannt haben sollen und so die Schiffe "gefangen" hatten.
Scheck vom Walde dagegen war es wieder, der das Rosengärtlein erfand, dessen Name purer Hohn war. Es war nämlich eine schmale Felsenplatte außerhalb der Burg, wohin der Schreckenwald unliebsame Gäste sperrte. Dort hatten sie die Wahl, entweder zu verhungern, oder aber einen schnellen Tod zu finden, indem sie sich von dem Felsvorsprung hinunterstürzten.
Am linken Donauufer fahren wir jetzt an dem kleinen Dorf Willendorf vorbei. Die ganze Gemeinde hat knappe tausend Einwohner, wovon nicht ganz siebenhundert im Ort Willendorf wohnen. Dennoch besitzt diese Gemeinde Weltruhm. Dies ist der Venus zu verdanken. Wenigstens wurde sie in unserer heutigen Zeit so getauft. Als sie erschaffen wurde, hatte noch kein Mensche eine Ahnung davon, wer oder was Venus war. Sie ist eine elf Zentimeter große, aus Stein geschnitzte Statue und etwa knappe 30000 Jahre alt. Ihren normalen Standort hat sie im Naturhistorischen Museum in Wien, wird jedoch bei besonderen Anlässen in anderen Museen gezeigt. Sie wird als so kostbar angesehen, dass sie in einer Tresor-Vitrine verwahrt wird. Es gibt auch ein Kuriosum, das vielleicht zum Schmunzeln anregt, das aber dennoch für das Kunstverständnis unserer Zeit fatal ist. Im Jahr 2017 stellte jemand ein Foto von ihr auf Facebook. Das Bild fiel jedoch der Zensur zum Opfer, weil man es als pornographisch einstufte.Allerdings wurde der Beschluss später geändert.
Unser Schiff hat jetzt die Anlegestelle in Spitz erreicht und weil wir mit der letzten Tagesfahrt unterwegs sind, müssen wir hier umsteigen, weil unser Schiff nach Melk zurückfährt. Es ist aber sehr überraschend, dass man zum Umsteigen nicht an Land gehen braucht, sondern dass unser Anschlussschiff gleich im Strom an das unsere anlegt, und wir nur über eine Gangway von Schiff zu Schiff gehen können.
Weil wir in der Wachau sind, haben wir natürlich auch schon den Marillenschnaps probiert. Die Marille wird übrigens in großen Teilen Deutschlands Aprikose genannt.
Allerdings ist die "Wachauer Marille" eine geschützte Ursprungsbezeichnung in der EU, sodass nicht jede Aprikose eine Marille ist ... Warum nun Marille? Die "Experten" sind sich uneinig, ob der Name aus der italienischen Sprache oder dem lateinischen Namen der Frucht stammt. Ich glaube allerdings, dass wir die richtige Lösung in Spanien suchen müssen. Marille als Wort wird erstmals 1509 nachgewiesen. Zu dieser Zeit regierten schon die Habsburger in Kastilien (Philipp der Schöne, Sohn von Kaiser Maximilian I).
Die Habsburger hatten über die Familie auch engen sprachlichen Kontakt (z.B. ich habe Hanger - tengo hambre). Nun ist die Marille gelb - und gelb heißt auf Spanisch "amarillo" ...
In Österreich ist die Wachau wegen dem Klima ein vorzüglicher Anbauort. Es gibt mehr als 100.000 Marillenbäume in dem Gebiet. Zur Blütezeit ist das auch eine Touristenattraktion.
Unsere Fahrt geht jedoch weiter und wir nähern uns Weißenkirchen. Dort steht die Wehrkirche St. Michael, die schon im 14. Jahrhundert erbaut wurde. Sie ist die Mutterpfarre der Wachau. An diesem Ort gab es früher eine Opferstätte der Kelten.
Aber nicht nur die Marillen haben der Wachau ein Prägel aufgesetzt, sondern auch der Wein. An den Südhängen der Hügel liegen Weinterrassen, wo Qualitätsweine reifen, vorzüglich der Sorten Grüner Veltliner (überhaupt die Hausmarke Österreichs) und Riesling. Möglicherweise waren es schon die Römer, die den Grünen Veltliner nach Österreich gebracht haben.
Die nächste Station unserer Schiffsreise ist Dürnstein, wo ebenfalls eine Burgruine steht. Hier saß einst Richard Löwenherz gefangen. Den Grund dafür und mehr über Dürnstein gibt es auf einer eigenen Seite.
Bald darauf nähern wir uns der Stadt Krems, der Endstation unseres Schiffes.

Copyright Bernhard Kauntz, Västerås 2019


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