Flambierte Getränke bei Staromáček


Eigentlich wollten wir uns nur ein wenig niedersetzen und einen Kaffee trinken, denn es war schon später Nachmittag, aber trotzdem noch zu früh für ein Abendessen. Das Gasthaus Staromáček erbot die nächste Gelegenheit auf Erfrischungen - also nichts wie hinein.

Man kam gleich mit der Speisekarte, die wir aber mit den Worten ablehnten, daß wir nur etwas trinken wollten.
"Trinken? Gut. Für die Dame einen Apfelwein? Und für den Herrn einen Sliwowitz?"
Wir machten einen tapferen Versuch, die hochprozentigen Getränke abzulehnen, aber andererseits waren wir auch nicht schwer zu überreden, als der Ober uns nocheinmal von der Qualität überzeugen wollte. Dann aber kam die große Überraschung. Zunächst wurde ein normales Trinkglas mit dem Apfelwein gefüllt, dieses jedoch in einen Schwenker gegoßen, der sicher zwei Liter faßte. Auf dem Rolltisch mit den Getränkeflaschen befand sich auch eine Gasflamme, die jetzt entzündet und der Apfelwein unter ständigem Drehen dort erwärmt wurde. Am Ende dieser Prozedur zog man das Glas ein wenig zurück und die entweichenden Dämpfe entzündeten sich und brannten im Glas weiter, das so zum Tisch gebracht wurde, wo dann die Flamme mit einem kurzen Schwenken der Flüßigkeit wieder gelöscht wurde.
Daßelbe Geschehen folgte dann mit dem Sliwowitz, der auch in gleicher Menge bemeßen wurde, was also bestimmt ein guter Deziliter war. Natürlich war das Flambieren schon einmal ein Erlebnis, aber nicht weniger imponierte es, aus dem großen Glas zu trinken.
Ich bestätige auch gern, daß das Aroma der Pflaumen intensiver war. Und zu trinken, ohne die Dämpfe dabei einzuatmen, war ein Ding der Unmöglichkeit bei der Beschaffenheit des großen Glases. Allerdings merkten wir, daß der warme Alkohol und nicht zuletzt auch obengenannte Dämpfe auf nüchternen Magen ziemlich schnell Wirkung zeigten.
Nachdem wir dann in bester Laune die Rechnung bezahlt hatten, machten wir uns auf einen ziemlich nötigen Spaziergang an der frischen Luft, um den Alkoholspiegel im Blut wieder zu mäßigen. Nach einer guten Stunde war es dann doch Zeit, auch an das Abendeßen zu denken. Nachdem uns aber das Lokal an sich und vor allem die Bedienung gut gefallen hatte, beschloßen wir, nocheinmal zum Staromáček zu gehen.
Die offizielle Speisekarte ist auf Tschechisch, Englisch und Deutsch abgefaßt, aber im Laufe des Abends sahen wir, daß es - in einfacherer Ausführung - auch andere Sprachenversionen gibt.
Die Preise waren - für ein Lokal mitten in der Touristenmeile - äußerst mäßig und das Eßen war gut.
Als Draufgabe ließen wir uns nocheinmal ein flambiertes Deßert verabreichen, in Form eines Kirschenlikörs, beziehungsweise einem Becherovka, dem Kräuterschnaps, der früher Karlsbader Bitter genannt wurde. Um den Becherovka herzustellen, wird die geheimgehaltene Kräutermischung in Stoffsäcke gefüllt und ungefähr während einer Woche in Alkohol getaucht. Mit Waßer und Zucker vermischt, kommt der Schnaps dann noch zwei Monate lang in Eichenfäßer zur Ausreifung.
Wenn Sie in der Altstadt von Prag einen netten Abend bei freundlicher Bedienung verbringen wollen, kann ich Ihnen den Staromáček wärmstens empfehlen. Das Lokal befindet sich nicht weit vom Altstädter Ring in der Štupartská 1, gleich hinter der Teynkirche.


Copyright Bernhard Kauntz, Wolvertem 2010



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