Stift Klosterneuburg

Die Schleierlegende


Als Markgraf Leopold III von Österreich im Jahr 1105 die Tochter von König Heinrich IV, Agnes, ehelichte, riss ein Windstoß den Brautschleier mit sich, als die Frischvermählten auf den Söller der Burg auf dem Leopoldsberg traten. Trotz unmittelbarer Suche gelang es nicht, den Schleier zu finden. Da versprach Leopold, an der Stelle an der der Schleier gefunden werden würde, ein Kloster zu erbauen.
Es sollte neun Jahre dauern, bis es so weit war. Der Markgraf war auf der Jagd, als seine Hunde plötzlich einen Holunderbusch anbellten, wo der Schleier nahezu unversehrt gefunden wurde.

Das ist zwar eine nette Geschichte, aber sie ist, obwohl sie schriftlich festgehalten wurde, purer Unsinn. Das einzig Richtige daran ist der Zeitraum von neun Jahren zwischen der Hochzeit und der Stiftsgründung. Aber sonst? Zunächst gab es zu dieser Zeit keine Burg auf dem Leopoldsberg. Zweitens wurde das Stift in allernächster Nähe der Residenz des Markgrafpaares erbaut, in der man immerhin schon ein ganzes Jahr lang gewohnt hatte. Leopold hätte sich also gar nicht auf die Jagd begeben brauchen, sondern höchstens aus dem Fenster zu schauen, um den Schleier zu finden. Dass dieser nach neun Jahren "nahezu unversehrt" war, obwohl er in dieser Zeit den Gewalten der Natur ausgesetzt gewesen war, sei nur mit einem Lächeln am Rande vermerkt.


Die Gründer des Klosters sind auch auf der Außenseite der Kirche verewigt.
Man versucht, die Schleierlegende so zu erklären, dass man erstens damit ausdrücken wollte, dass Agnes (und ihre Mitgift) großen Anteil an der Stiftsgründung hatte. Das allerdings geht auch zur Genüge aus den zahlreichen Gründerfiguren hervor, bei denen Leopold und Agnes immer paarweise auftreten.
Zweitens sollte der wiedergefundene Schleier darauf hinweisen, dass es ein gottgewollter Platz war, an dem das Stift gegründet wurde. Das aber gäbe vielleicht dann einen Sinn, wenn man zuerst das Stift und dann die Residenz erbaut hätte - und nicht umgekehrt.

Trotzdem wird heute noch ein Teil des Schleiers als Reliquie im Stift aufbewahrt...

© Bernhard Kauntz, Västerås 2006



Zurück zur Hauptseite von Stift Klosterneuburg


Zurück zu den oder zum von


Seite erstellt am 29.8.2006 by webmaster@werbeka.com