GESCHICHTE UND GESCHICHTEN
AUS DEM 18. JAHRHUNDERT
Matthias Klostermayr - Ein bayrischer Robin Hood
Eigentlich wurde er auf Matthäus getauft, als Matthias Klostermayr am 3. September 1736 das Licht der Welt erblickt hatte. Das geschah in Kissing in Bayern, an der schwäbischen Grenze. Dass ein heiliger Name aber nicht unbedingt mit einer solchen Lebensweise übereinstimmen muss, ist wohl allgemein bekannt, im Fall vom bayrischen Hiasl jedoch besonders auffällig.
Warum aus Matthäus Matthias wurde, weiß heute niemand zu sagen. Mit zwölf Jahren fing er an zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen und begann auf dem Schlossgut Mergenthau, das im Besitz der Jesuiten war, einfache Arbeiten zu verrichten. Sein Vater wurde von der Obrigkeit oft als Jagdtreiber eingesetzt, so wie es damals der Brauch war. Die hohen Herren machten zwar alleinigen Anspruch auf die Jagd, brauchten aber die Untertanen als Treiber und Hundeführer. Auch Hiasls Vater wurde immer wieder dabei eingesetzt. Natürlich erzählte er daheim von der Jagd und weckte damit das Interesse bei seinem Sohn.
Matthias wuchs zu einem stattlichen jungen Mann heran, der, groß und kräftig gebaut, vor niemand Angst hatte. Außerdem war er sehr treffsicher mit seinem Gewehr. Als er mit 16 Jahren seine Mutter verlor, stellten ihn die Jesuiten als Jagdgehilfen und Aufseher an. Nach etwa zweieinhalb Jahren verlor er jedoch diese gute Beschäftigung. Ein gewisser Pater Venantius hatte bei einer Jagd versehentlich eine Katze erschossen. Hiasl machte sich lustig darüber und nannte ihn "Katzenschützen".
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Das Denkmal des Hiasl in Kissingen |
Also warf man ihn hinaus und verbot ihm die Jagd auch zusammen mit dem offiziellen Jäger im Ort. Weil Hiasl aber von der Jagd so begeistert war, wurde er zum Wilderer. Als ehrenwerte Beschäftigung trat er eine Stelle als Knecht bei einem Bauer an. Er eroberte auch das Herz der Bauerntochter Monika und bekam mit ihr einen Sohn, Korbinian. Aber Schwierigkeiten mit dem Vater seiner Geliebten ließen ihn im Alter von etwa 25 Jahren den Hof verlassen. Zu seiner Ehre mag gesagt werden, dass er auch nachher mit Monika verbunden blieb.
Nun wurde er hauptberuflich zum Wilderer. Das gefiel der Obrigkeit nun gar nicht, nicht zuletzt weil Hiasl eben auch ein guter Schütze war. Die Bauern dagegen waren froh, dass er das Wild lichtete, das immer wieder auf den Feldern Schaden anrichtete. Man erzählt sogar, dass die Bauern eines Dorfes dem Hiasl 15 Taler bezahlt hätten, damit er das Wild in ihrer Gegend wegschoss.
Man wollte den Hiasl zum Militär einziehen, aber er verschwand rechtzeitig über den Fluss Lech, der die Grenze zum heutigen Schwaben bildete. Im Schwäbischen erhielt er den Beinamen "Bayrischer Hiasl", weil er es nunmehr zu einigem Ruhm gebracht hatte. Dieses "über-die-Grenzen-fliehen" half ihm immer wieder, seinen Häschern zu entkommen. Aber natürlich ging das nicht auf ewig, er wurde gefasst und musste auf neun Monate ins Zuchthaus in München.
Kurfürst Maximilian III Joseph wollte ihn anschließend sogar zum kurfürstlichen Jäger ernennen, aber nun hatte Hiasl an seiner Freiheit Gefallen gefunden und zog es vor, sein früheres Leben wieder aufzunehmen. Ja, ärger noch. Er wurde der Anführer verschiedener Gruppen von Wilderern und Räubern. Allerdings verteilte man einen Teil der Beute an die Armen. Es ist belegt, dass er in Täfertingen den Amtmann um Steuergelder erleichterte, die er dann der Bevölkerung wieder zurückgab. Die Gruppe bezeichnete sich selbst als "gerechte Räuberbande". Kein Wunder, dass Hiasl zum Volkshelden wurde.
Da er von den einfachen Menschen immer wieder Hilfe bekam - und sie dafür mit geschossenem Wild belieferte - und von ihnen gewarnt wurde, wenn man ihn wieder einmal jagte, konnte er sogar öfter zurück nach Kissingen und zu seiner Monika kommen.
Im Jänner 1771 hatte man aber die Bande in Osterzell in eine Falle gelockt und mit Hilfe von 300 Soldaten gelang es schließlich, die Wilderer zu fassen. Am 6. September desselben Jahres wurde Hiasl in Dillingen hingerichtet.
Besonders bemerkenswert ist, dass man - ihm zum Andenken - im Jahr 2006 eine "Hiasl-Erlebniswelt" eröffnete. Und zwar geschah dies auf dem Gut Mergenthau, also dort, wo die Jesuiten den Hiasl, wegen einem geringfügigen Spott, erst zum Wilderer machten.
Copyright Bernhard Kauntz, Wolvertem 2014
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