Ist eine Präposition eine Vorstellung?

Ja natürlich. Das Wort ist direkt vom Lateinischen übernommen. "Prae" heißt "vor". So wie das Präkambrium eben vor dem Kambrium kam (beide sind übrigens Erdzeitalter), oder der Präsident ganz einfach der Vorsitzende ist, deutet es bei der Präposition eben auch die Vorstellung an. Denn "Position" braucht man wohl nicht zu erklären. Präposition bedeutet also ganz deutlich Vorstellung.

Aber hier beginnen die Schwierigkeiten. "Darf ich dir meinen Freund präpositionieren?" gehört wohl nicht zu den gewöhnlichsten Einführungen in eine neue Bekanntschaft. Ebenso ist "Ich präpositioniere mir, dass ich morgen den Wettbewerb gewinne" vermutlich auch nicht die wahrscheinlichste Aussage, wenn man erzählen will, dass man - mittels positivem Denken - sich im Geiste für den Wettbewerb präpariert (= vorbereitet). Aber auch "Mir hat die Präposition in der Oper sehr gefallen" wäre nicht das Gelbe vom Ei.

Nein, natürlich nicht. Der geneigte Leser versteht selbstverständlich, dass das nicht der Sinn des Wortes ist. Sondern er weiß, dass wir die Präposition auf Deutsch "Vorwort" nennen. Und jetzt kommen wir der Sache näher. Die Präposition steht also vor einem anderen Wort, nämlich einem Nomen. Dazu gehören Hauptwörter, Eigennamen, sowie Fürwörter - die für ein anderes Nomen - stehen. Zum Beispiel kann man im Satz "Er geht zu dem Mann" auch sagen "Er geht zu ihm". Das Wort ihm hat also dem Mann ersetzt - "ihm" steht für "dem Mann". Deshalb Fürwort, aber das ist eigentlich ein anderes Kapitel.

Wenn wir uns aber jetzt an die Präpositionen halten, ist es so, dass wir mit der Muttersprache gleichzeitig lernen, welches Vorwort bei welcher Gelegenheit verwendet wird. "Hinter uns" bedeutet also, dass sich die Person oder das Ding, von der oder wovon wir sprechen, sich in unserem Rücken befindet. Für einen Ausländer ist das nicht so selbstverständlich. Er findet vielleicht, dass "nach uns" ebenso richtig ist.

Und jetzt schon wieder eine Abschweifung, die zeigen soll, dass auch ein Muttersprachler nicht unbedingt seine Sprache richtig beherrscht. Das Beispiel, an das ich denke, geschah in den Sechzigerjahren in Wien.

Man hatte neue Straßenbahnwagen eingesetzt, in denen der Schaffner sich nicht mehr durch alle Leute drängen musste, um die Fahrkarten zu zwicken. Er hatte einen eigenen Sitz im hinteren Teil des Wagens bekommen. Das aber wieder bedeutete, dass die Fahrgäste bei der hinteren Tür einsteigen mussten, um dem Schaffner dort die Fahrkarten zu zeigen, beziehungsweise sie dort zu kaufen. Natürlich gab es anfangs viele Menschen, die daran nicht gewöhnt waren. Deshalb ermahnte man sie an den Haltestellen mit einem markigen "Rückwärts einsteigen!" Aber es hat keiner begriffen, warum man mit dem Hinterteil voran den Wagen betreten sollte, auch wenn man "hinten" einsteigen musste ...

Aber zurück zu den Präpositionen. Sie haben noch eine Eigenschaft, nämlich dass sie in vielen Fällen entweder mit dem Dativ oder dem Akkusativ verwendet werden. Ein paar stehen auch mit dem Genitiv, aber die lassen wir beiseite, weil der Genitiv ohnehin schon am aussterben ist.

Das ist ganz schwierig, wenn man es nicht mit der Muttermilch eingesogen hat. Daher hört man von Ausländern oft: "Komm zu mich" oder "Das hat er für mir getan".

Es gibt aber Hilfen. Davon hatte ich keine Ahnung, als ich anfing in Schweden als Deutschlehrer zu arbeiten. Ich wusste ja das alles, ohne zu denken. "Durch, für, gegen, ohne, um, sowie das veraltete wider" stehen immer vor einem Akkusativ. Probieren sie es selbst: "Durch mir" oder "ohne mir" stimmt einfach nicht. "Ab, aus, außer bei, mit, nach, seit, von sowie zu" stehen dagegen immer vor einem Dativ.

Hier wäre es ebenso falsch, wenn man "mit mich" oder "zu mich" sagte.
Dann allerdings wird es schwierig. Denn alle anderen Vorwörter können entweder mit Dativ oder Akkusativ stehen. Das aber hat mit den Objekten zu tun - und das ist ein ganz anderes Kapitel. Also lassen wir das diesmal. Die Schweden (oder wenigstens die schwedischen Schüler) nennen diese letzte Gruppe "Stellungsfürwörter". Welche Stellung gemeint ist, überlasse ich Ihrer Fantasie. Diese Präpositionen gehören dazu : "an, auf, hinter, in, neben, über, unter, vor und zwischen" ...
Dagegen gibt es Tendenzen im Deutschen, die die Vorwörter verfremden. Einige sind schon so sehr in der Sprache akzeptiert, dass sie heute als richtig gelten.

"An" zum Beispiel, beziehungsweise "am" (wenn man Vorwort und Artikel zusammenzieht = "an dem"), bedeutet eine enge Zusammengehörigkeit. "Das Bild hängt an der Wand", weil das Bild einen engen Kontakt mit der Wand hat. "Aber er sitzt am Tisch", ist falsch, weil er da entweder auf dem Tisch sitzt, oder wenigstens die Ellenbogen darauf aufgestützt hat. Wenn er aber beim Essen dort sitzt, hat er meistens keinen Kontakt mit dem Möbel, sondern er sitzt bei Tisch. Vergleichen Sie "Ich treffe dich am Bahnhof" mit "Ich treffe dich beim Bahnhof". Im ersten Fall würde man sich im Bahnhofsgebäude treffen (der enge Kontakt mit dem Bahnhof), während "beim Bahnhof" in der Nähe, aber außerhalb des Gebäudes ausdrücken würde.

Ebenso falsch, aber durchaus oft zu hören, ist "an Weihnachten". Falsch. Es heißt "zu Weihnachten". Ersetzen Sie "Weihnachten" mit "dieser Zeit". Niemand würde jemals sagen "an dieser Zeit", sondern immer nur "zu dieser Zeit".

Aber genug davon.

Copyright Bernhard Kauntz, Västerås 2020

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