Badelundas geschichtsträchtiger Pfad


Die Buslinie 12 führt uns hinaus nach Bjurhovda, am östlichen Ende von Västerås. Von dort ist es ein Fußweg von etwa einem Kilometer nach Tibble, wo der Geschichtspfad beginnt. Wir beschließen, zuerst zum Labyrinth zu gehen und dann dem Pfad nach Norden zu folgen. Er führt neben und auf der Hügelkette von Badelunda, die während der Eiszeit entstanden ist, als das Eis 3000 m dick (!) auf der Erde lag. Als das Eis zu schmelzen begann, wurde das Wasser zu einem Fluss unter der Eisdecke, der zuerst großes Geröll und später feineren Sand in seinem Bett ablagerte, was seinerseits zu diesem Höhenzug führte, der um die 400 km lang ist. Badelunda liegt etwa in der Mitte dieser Strecke.

Theoretisch ist das alles relativ einfach zu verstehen, aber wenn man die Höhe und Breite dieser Hügelkette in Wirklichkeit sieht, da erst versteht man, welche Größe und Kraft dieser Fluss gehabt haben muss, um so große landschaftliche Veränderungen verursachen zu können.

Wir folgen den Wegweiserschildern und kommen bald zu dem historischen Labyrinth. Eine schiefe und gebrechliche Holzleiter, die ebenfalls aus geschichtlicher Zeit zu stammen scheint, führt uns auf ein aufgeschüttetes Steinplateau und dann sehen wir diese mystische Stätte.

Wer sich dunkle Irrgartengänge mit hohen Wänden erwartet, solche, in denen Theseus den Minotaurus besiegt hat, wird aber enttäuscht. Hier gibt es nur mit kleinen Steinen am Erdboden markierte, schmale Gänge, die zwar ein paar Mal im Kreis gehen, letztlich aber doch immer zum Ziel führen. Es ist auch nicht sicher, aus welcher Zeit dieses Labyrinth stammt, noch wozu es verwendet wurde. Die offizielle Version behauptet, dass es aus der älteren Eisenzeit stammt, etwa aus dem 6. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung. Es soll bei einer Art Fruchtbarkeitsritus gebraucht worden sein, bei dem man ein Mädchen in die Mitte gesetzt hatte, von wo sie ein Junge "befreien" musste.

Von offizieller Seite sagt man auch, dass es in Schweden viele solcher Labyrinthe gibt, die meisten davon sind jedoch an der Küste belegen und viel jüngerer Herkunft. Im Landesinneren dagegen sind sie sehr selten. Es wundert mich, dass man in diesem Zusammenhang vergisst, dass sich der Mälarsee noch zur Wikingerzeit bis Anundshög ausdehnte und dass sich das Labyrinth noch vor 1000 Jahren an der Küste befand ...

Wie auch immer, alt ist es ohne Zweifel und man sollte für das Gebilde größere Achtung zeigen, als dass man daraus Steine losreißt, die sich dort schon ein Jahrtausend befunden haben.

Vom Labyrinth gehen wir dann in die Richtung des Anundshög. Am Weg finden wir einen grob gezimmerten Holztisch mit dazugehörigen Bänken, die uns einladen, das mitgebrachte Mittagessen zu verzehren. Und auch ein einfaches Butterbrot schmeckt gut hier, draußen im Freien. Es ist ja nicht nur der geschichtliche Hintergrund, der diesen Ausflug interessant macht, sondern man befindet sich auch mitten in der Natur. Ein neugieriger Specht und ein paar Schmetterlinge machen sich bemerkbar, sowie nicht zuletzt ein ungewöhnliches Insekt. Es ist groß wie ein Zündholz, der Kopf und der Körper erinnern schwach an eine Wespe, aber es hat vier ganz lange, hauchzarte Flügel, etwa wie die einer Libelle. (Wenn jemand weiß, was das sein kann, wäre ich für eine Erklärung dankbar.)

Doch nicht nur die Fauna ist erlebnisreich. Ein abgestorbener Baum steht da und ist trotzdem schöner als viele unserer modernen Skulpturen - oder vielleicht ist es ein eigenes "memento mori" der Natur, wie die Totenschädel auf den Malereien vergangener Jahrhunderte?

Beim Weitergehen kommen wir an einigen kleineren Grabhügeln vorbei; bei den meisten zeugt eine auf der Kuppe ausgehobene Grube von den Ausgrabungsversuchen früherer Grabplünderer. Nachdem wir den Runenstein besichtigt haben, den Anundshög bestiegen und die enormen Schiffssetzungen von oben bewundert haben, wird es erheblich schwieriger dem Geschichtspfad zu folgen, weil die Wegweiser durch ihre Abwesenheit auffallen.

Schließlich finden wir doch den richtigen Weg und sehen viele Grabsteine, als Erinnerung an frühe Helden errichtet. Heute sehen sie nicht mehr ganz so beeindruckend aus, viele sind im Wald versteckt, aber sie haben ein Millennium überdauert - das ist viel mehr als man von unseren "zivilisierten" Gräbern auf den Friedhöfen behaupten kann.

Wir treffen kaum Menschen. Der einzige, den wir zwischen Anundshög und der Kirche von Badelunda sehen, ist ein Waldarbeiter, der mit der Motorsäge Bäume zerschneidet, die im letzten Sturm umgeworfen wurden.

Wegen der schlechten Richtungsangaben kommen wir trotzdem vom Weg ab und befinden uns plötzlich am Ende eines Grabens und einem Elektrozaun vor uns. Der Strom ist jedoch nicht eingeschaltet, sodass wir das Hindernis bewältigen können, um den Text auf dem Informationsschild zu lesen, das knapp vor dem Zaun steht. Diese Schilder, in vier Sprachen, muss man lobend erwähnen - sie haben uns wertvolle Erklärungen gegeben, auch wenn einige der Schilder schon mit Grafittispray "verschönert" wurden ...

Die letzte Sehenswürdigkeit, die wir betrachten wollen, ist die Jungfrauenquelle. Aber wieder spielt uns die ach so schlechte Beschilderung einen Streich. Wir gehen in die falsche Richtung und kommen schließlich in das Dorf Badelunda. Nach freundlichen Erklärungen der Lokalbevölkerung sehen wir uns also gezwungen, umzukehren und den ganzen Weg zurück zu marschieren, bis wir endlich unser Ziel finden.

Die Jungfrauenquelle soll ihren Namen nach einer ausländischen Frau haben, die dort gebadet und dadurch ihre Gesundheit zurückgewonnen hat. Aus Dankbarkeit soll sie die große Glocke der Kirche von Badelunda gestiftet haben. Leider fehlt gerade hier ein Informationsschild - und die schmutzige Brühe, die sich heute in dem Loch im Erdboden befindet, lädt wirklich auch nicht zum Baden ein.

Trotzdem sind wir mit unserem Halbtagesausflug sehr zufrieden, als wir uns auf den Rückweg machen. Wir gehen jetzt auf der Landstraße, um den Weg abzukürzen.

Es ist schade, dass man aus dieser goldenen Gelegenheit nicht mehr für die Touristik macht. Sicher gibt es frühe Wohnsiedlungen in ganz Europa, aber kaum mit der Tradition, Hügelgräber, Schiffssetzungen und behauene Grabsteine zu errichten. Abgesehen davon kann man hier ein außerordentliches Naturerlebnis dazu bieten.

Es würde nicht viel kosten, den Geschichtspfad aufzumöbeln - und würde man außerdem in der Nähe ein Lokal eröffnen, wo man Kaffee oder ein Bier bekommen kann, dann würden wahrscheinlich viel mehr Leute eine solche Touristenattraktion besuchen.


© Bernhard Kauntz, Västerås 2005

Nachsatz: Zwei Jahre später wurde hier das Café Anund eröffnet, das ein paar hundert Meter "hinter" dem Hügel liegt und in den Sommermonaten täglich geöffnet ist. Nachsatz 2: Vier Jahre später bekam ich vom Heimatverein Badelunda ein e-Mail, das besagt, dass es ihnen nach langen Jahren gelungen ist, von der Gemeinde neue Leitern mit Geländer zu bekommen, teils zum Labyrinth und teils hinauf zum Anundshög.


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