Wien 1., Die Kapuzinerkirche


Das Kapuzinerkloster in Wien ist wohl hauptsächlich durch die "Kaisergruft" bekannt, die Grablege der Habsburger. Diese wird auf einer eigenen Seite behandelt. Bitte folgen Sie dem Link.
Das Kloster mit dazugehöriger Kirche steht seit 1632 am Neuen Markt. Das hatte aber schon ein Vorspiel, denn der Kapuzinerorden war im 16. Jahrhundert hauptsächlich in Italien vertreten. Er ist eine Abspaltung des Franziskanerordens, den Mateo de Bascio, ein Franziskanermönch, im Jahr 1525 in die Wege leitete. 1528 wurde der Orden von Papst Clemens VII offiziell (gegen den Willen der Franziskaner) erlaubt. Die Kapuziner unterscheiden sich von den Franziskanern hauptsächlich durch strengere Askese und durch ihre Armenbetreuung. Der Name kommt von der Kapuze, die ihre braune Mönchskutte ziert.
Aber zurück zur Geschichte der österreichischen Kapuziner. Im Rahmen der Gegenreformation bat der Erzbischof von Prag, Kapuziner nach Böhmen zu schicken. Deshalb zog Laurentius von Brindisi zusammen mit zwölf Brüdern nordwärts. Nachdem in Prag zu dieser Zeit gerade die Pest ausgebrochen war, machte die Truppe in Wien halt. Erzherzog Matthias, der spätere Kaiser, wünschte bei dieser Gelegenheit auch eine Niederlassung der Kapuziner in Wien und stiftete ein Kloster. Sie bekamen in der Vorstadt St. Ulrich einige Häuser zur Verfügung gestellt.
Die Gattin vom nunmehrigen Kaiser Matthias I, Anna von Tirol, stiftete 1618 ein Kloster mit Kirche in der Stadt, unter der Bedingung, dass sie selbst und ihr Gemahl dort ihre letzte Ruhestatt finden sollten. Es dauerte dann jedoch bis 1632 bevor die Kirche erbaut war und geweiht werden konnte. 1633 wurden die Gebeine des Kaiserpaares überführt.
Im 18. Jahrhundert wurde der kleine Portalvorbau ausgeführt und die Kaiserkapelle neu ausgestattet. Während der französischen Besetzung unter Napoleon wurde die Kirche in ein Mehldepot umfunktioniert. Mitte des 19. Jahrhundert erschuf man eine Fassade in romanischem Stil, der aber 1936 wieder zurückgebaut wurde. Damals entstanden auch Kreuz und Fresko an der Fassade. 1950 wurde die Kirche nach Bombentreffern wieder restauriert.

Links vom Eingang wurde im Jahr 1934 im Gedenken an Markus von Aviano ein Denkmal errichtet. Der Initiator war der ehemalige Bundeskanzler Engelbert Dollfuß.

Die Kirche ist Maria geweiht und heisst mit vollem Namen "Heilige Maria von den Engeln". Die drei hölzernen Altäre - im Westen der Kirche - stammen aus 1735 und sind mit Intarsien versehen. Die geschnitzten Kapitelle und übrige Verzierungen heben sich hell davon ab. Das Altarbild des Hochaltars wurde von dem Wiener Maler Johann Baptist Baumgartner gemalt. Er trat später selbst dem Kapuzinerorden bei und hiess danach Pater Norbert. Es beschreibt den Portiunkula-Ablass. Das ist ein Geschehen aus dem Leben des Franziskus von Assisi.
In der Portiunkula-Kapelle waren ihm Christus und Maria erschienen und fragten, was er sich für das "Heil der Seelen" wünschte. Franz bat, dass alle, die nach der Beichte in diese Kapelle kamen, einen vollständigen Ablass ihrer Sünden bekämen. (Das ist alles gut und schön, aber ich dachte, dass der Ablass sowieso vom Beichtvater gewährt wurde. Warum dann dieser Wunsch?)
Der linke Seitenaltar ist Antonius von Padua geweiht, der rechte Felix von Cantalice. Auch diese Gemälde stammen von Pater Norbert. Die rechte, nördliche Seitenkapelle wird Pietàkapelle genannt. Der Pietàaltar wurde ursprünglich 1717 für die Kaisergruft erschaffen. Aber Kaiser Joseph II schloss die Kapuzinergruft im Jahr 1787 und liess auch den Altar wegnehmen. Danach wurde er auf dem heutigen Platz aufgestellt. Die Gruppe ist ein grossartiges Beispiel für den Hochbarock in Wien. Der Entwurf dazu stammt vermutlich von Johann Lukas von Hildebrandt, die Ausführung wahrscheinlich von Pietro Baratta.
Hier finden wir auch ein Gitter im Boden, unter dem der Sarg des Markus von Aviano zu sehen ist.
Gegenüber der Pietàkapelle befindet sich die Kaiserkapelle. Über dem Eingangsbogen kann man Folgendes lesen: "Dem grössten, höchsten, dreieinigen Gott, der seligsten Jungfrau Maria und dem heiligen Franziskus zu Ehren hat Kaiser Mathias mit seiner Gemahlin Kaiserin Anna diese Kirche und diese besondere Kapelle mit Krypta gegründet. Und hier hat in der Nachfolge des kaiserlichen Hauses Österreich, für diejenigen, die in Gottes Gnade ruhen und die Auferstehung erwarten, Kaiser Ferdinand II im Jahre 1622 den Grundstein gelegt."
Nun - man verzeihe mir meine Einwendungen - frage ich mich aber: wenn es nur einen Gott gibt (mag sein einen dreieinigen), dann ist es doch selbstverständlich, dass er auch der grösste, aber vor allem der höchste sein muss?
Im Bild links sehen wir ein Standbild von Kaiser Matthias, der, wie auch Ferdinand II in einer Ecke der Altarwand steht.
Diese beiden Statuen wurden vom Wiener Bildhauer Leonhard Worster gefertigt. Seine Witwe quittierte die Bezahlung im Jahr 1636. An der Eingangsseite der Kapelle finden sich Pendants von Kaiser Ferdinand III und Ferdinand IV. Der Meister letzterer zwei Werke ist unbekannt.

Hinter dem marmornen Altar der Kapelle befindet sich ein gläserner Sarg mit einer Holzskulptur von dem heiligen Johannes Nepomuk und darüber ein Gnadenbild der Jungfrau Maria, das von einer breiten, verzierten Silberfassung mit Goldstrahlen umgeben ist. Die Inschrift auf dem Rahmen lautet: "Die tröstende Mutter der Betrübten". Der Rahmen wurde 1767 vom Wiener Goldschmied Josef Moser erschaffen.
Nicht unerwähnt soll ein gläserner Schaukasten bleiben, in dem zum Teil Reliquien aus dem Kaiserschatz, teils weitere Werke von Josef Moser zu sehen sind. Die zwei grössten Werke, die Aussetzungsnische links und die Reliquienpyramide ganz rechts sind von ihm, wie auch das mittlere Reliquiar des Hl. Nepomuk und die zwei darunter stehenden, silbernen Kanontafeln.
Diese Schätze werden seit Ende der Kaiserzeit vom Kunsthistorischen Museum verwaltet, die zusammen mit vielen anderen in der geistlichen Schatzkammer besucht werden können.

Ursprünglich hatte Kaiserin Anna 1618 dem Kapuzinerkloster ihre Sammlung von Reliquien und liturgischen Gegenständen überlassen, was jedoch dem Armutsgelübde der Kapuziner nicht entsprach. 1626 fand man eine Lösung, die besagte, dass der Schatz weiterhin dem Kaiserhaus gehören solle und von den Kapuzinern nur verwaltet werden solle. Im Laufe der Zeit kamen weitere Donationen dazu, nicht zuletzt durch Kaiserin Maria Theresia.

Die Kapuzinerkirche sticht in ihrer Einfachheit von den meisten anderen Barockkirchen ab, zeichnet sich aber statt dessen durch die Qualität ihres Inventariums aus.

© Bernhard Kauntz, Wolvertem 2011


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Seite erstellt am 23.10.2011 by webmaster@werbeka.com