Wien 1., Stadtspaziergang (Teil 6)


Wir stehen am Franziskanerplatz (siehe Teil 5) und sehen rechts von der Kirche einen Torbogen. Das ist der "Eingang" zur Ballgasse. Der Name der Gasse kommt von einem Ballspiel, das Kaiser Ferdinand I um 1500 aus Spanien mitbrachte. Es ging dabei um eine Art von Federball und man baute sogenannte Ballhäuser, um dieses Spiel ausüben zu können. Nach einem solchen Ballhaus ist diese Gasse benannt. Mit der Zeit wurde das Spiel weniger populär und man baute die Ballhäuser in Theater und Tanzlokale um. Von daher kommt auch der "Ball" als Tanzfest, zum Beispiel der Opernball, aber auch der Maskenball.
Auf Nummer acht stand dieses Ballhaus, das dann als Theater an italienische Schauspieler vermietet wurde. 1772 wurde es schließlich zur Herberge für bürgerliche Tischler, wie das steinerne Schild über dem Tor heute noch verkündet. Früher mussten die Gesellen beim Meister wohnen. Das wurde jedoch mit der Zeit aufgelockert, sodass diese Regel wegfiel. Sie mussten allerdings noch immer in Herbergen wohnen, die von der Innung bestimmt waren.
Die Ballgasse ist eine ganz enge Gasse - nur gute drei Meter breit - mit vielen Ecken.
Diese Ecken hatten einen Verteidigungszweck - ein Angreifer kann nämlich nicht um die Ecke schießen - und so konnte dieselbe Gasse mehrmals verteidigt werden. Aber heute geht es friedlicher zu. Heute haben sich dort viele Lokale niedergelassen. Eines davon hat alte Ahnen, nämlich das Bierhaus "zum alten Blumenstock", das in der von der Ballgasse abzweigenden Blumenstockgasse angesiedelt war. Das Bierhaus wurde mit der Zeit so gut besucht, dass ein größeres Lokal nötig war. Man zog einfach um die Ecke in die Ballgasse und nannte sich "zum neuen Blumenstock".
Wir stoßen jetzt auf die Rauhensteingasse, wo wir links abbiegen. Der Name könnte vom "Rauhenhaus" kommen, das im 15. Jahrhundert die Stelle der Nummer 10 eingenommen hatte. Es war dies vormals ein Gefängnis. Heute ist es ein modernes Bürohaus, das man in die alte Schale eingebaut hat. Gut, dass nicht überall nur verchromte Glashäuser entstehen.
Im Nachbarhaus, auf Nummer 8, stoßen wir wieder auf Mozart. Hier stand bis 1849 das Haus, wo Mozart wohnte, als er starb. Eine Gedenktafel erinnert noch daran. Die Gelehrten streiten sich, ob das Haus nur zwei oder doch vier Stockwerke gehabt hat, aber das ist vielleicht nicht so wesentlich - und Mozart heute sicher auch egal. Auf jeden Fall ist es ein Jammer, dass dieser göttergleiche Musiker zeitlebens mehr oder weniger am Hungertuch nagen musste.
Man erzählt eine Geschichte über das letzte Requiem, das Mozart in Auftrag bekam. Ein Herr erschien bei ihm und bestellte ein Requiem, aber Mozart sollte nie nach seinem Namen fragen oder jemand von dem Auftrag erzählen.
Heute weiß man, dass es der Graf von Walsegg war, der das Requiem für seine verstorbene Frau haben wollte. Allerdings ist der Graf heute dafür bekannt, dass er bei bekannten Komponisten Werke bestellte, die er dann aufführen ließ und für seine eigenen ausgab. Mozart war jedoch mit der Zauberflöte beschäftigt, sodass der Graf urgieren musste. Am Vorabend seines Todes soll Mozart gesagt haben: "Ich wusste doch, dass es mein eigenes Requiem sein würde."

Am Ende der Rauhensteingasse biegen wir wieder links ab und befinden uns in der Himmelpfortgasse. Sie ist nach dem Kloster benannt, das dort stand, wo sich heute die Häuser sieben bis elf befinden. Das Kloster St. Agnes in der Himmelpforte, wie es mit vollem Namen hieß, gehörte zum Prämonstratenserorden und bestand von etwa 1270 bis 1586. In den zwei Jahrhunderten danach war es ein Kloster der Augustiner-Chorfrauen.

Lange stand hier die Marienstatue der Himmelpförtnerinnen, die sich heute als "Hausmuttergottes" im Stephansdom befindet. Mit dieser Statue ist eine Sage verbunden, die sich ebenfalls die Himmelpförtnerin nennt, und die Sie über den Link nachlesen können.
Gegenüber, auf Nummer 8, sah es bei meinem Besuch leider so aus, wie Sie auf dem Bild sehen können. Hinter der Plastikwand befindet sich das Finanzministerium. Das an sich wäre wohl kein Grund zum Jammern, aber die Finanzminister wollen ja auch während der Arbeit standesmäßig beheimatet sein und so haben sie sich das schönste aller Stadtpalais ausgesucht, nämlich das, das einst Prinz Eugen von Savoyen gehört hat. Andererseits darf man ohnehin auch sonst nur in die Eingangshalle, aber ich hätte gern eine schönere Außenansicht geboten. Schließlich haben die zwei ganz großen Architekten der Barockzeit, Fischer von Erlach und Lukas von Hildebrandt, daran gearbeitet.
Auf der linken Seite, im Haus Nummer 11, gibt es einen kuriosen Altwarenhändler, der sich auf Dinge aus der Kaiserzeit spezialisiert hat. Wenn Sie ein wenig Zeit haben, treten Sie ein - ich bin überzeugt, dass Sie mit einem Lächeln wieder herauskommen. Nummer 13 verfügt wieder über eine schöne Pforte, wenngleich diese nicht in den Himmel führt ... Das Palais gehörte der Familie Erdödy-Fürstenberg.
Fürst Rákóczi, Verwalter von Siebenbürgen und Revoluzzer gegen die Herrschaft der Habsburger, soll laut einer Gedenktafel öfter hier abgestiegen sein, wenn er in Wien war.
Auch das Haus daneben, Nummer 15, ist bemerkenswert. Nicht nur wegen seinem Renaissanceportal, sondern weil es auch hier einen hübschen Innenhof gibt.
Auf dem Weg dahin geht man teils an einem alten Pferdewagen vorbei, teils ist ein Brunnen zu sehen, aus dem man das Wasser noch mit Holzkübeln schöpfte. Zurück auf der Gasse gehen wir noch ein paar Schritte weiter, bis wir zur Seilerstätte kommen.
Die Seilerstätte heißt so, weil sich hier die Seiler angesiedelt hatten. Sie zogen aber weg, als Mitte des 18. Jahrhunderts hier ein Eier- und Geflügelmarkt eröffnet wurde. Der wurde zwar nur dienstags und freitags abgehalten, aber das Gegackere und der Gestank sollen unmenschlich gewesen sein. Heute wird der Platz von einem großen Gebäude beherrscht, dem Ronacher.
Das Gebäude wurde 1872 als Privattheater errichtet - als zensurfreie Konkurrenz zu den kaiserlichen Hofbühnen - aber nach nur zwölf Jahren brannte es ab. Anton Ronacher kaufte die Ruine - daher heute noch der Name. Er ließ ein Concert- und Ballhaus bauen, das keine Theaterstuhlreihen besass, sondern Tische, an denen man während der Vorstellung essen, trinken und sogar rauchen durfte.
Nachdem Ronacher die Bühne wieder verkaufte hatte, fand das Haus vielfältigen Verwendungszweck. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es als Ersatzbühne für das beschädigte Burgtheater verwendet, dann wurde eine Weile lang Fernsehen darin produziert, später wurde wieder Varieté gezeigt.
Heute hat das Haus eine Musicalbühne und einen Saal, der etwa 1000 Besucher fasst.
Jetzt machen wir einen kurzen Abstecher in die Johannesgasse hinein, denn auf Nummer 15 finden wir das Savoyische Damenstift. Der Name kommt von der Witwe eines Neffen von Prinz Eugen von Savoyen, die dieses Haus für adelige, verwitwete Damen stiftete, die aus verschiedenen Gründen eine Unterkunftstätte brauchten.

           
Allein die Ausschmückung der Fassade ist sehenswert, mit der Maria Immaculata und den Löwen über dem Tor und einigen Fensterbögen. Außerdem gibt es auch noch einen Hof mit einem hübschen Brunnen dort. Auf der anderen Straßenseite finden wir das ehemalige Ursulinenkloster, wo heute ein Teil der Universität für Musik und darstellende Kunst beheimatet ist.
Zurück auf der Seilerstätte gehen wir bis zum Haus Nummer 30, dem Palais von Erzherzog Carl. (Gemeint ist Carl von Österreich-Teschen, der Mann, der Napoleon bei Aspern die erste Niederlage zuführte.)
Heute ist das Haus der Musik darin untergebracht. Es bezeichnet sich selbst als "interaktives Klangmuseum" und gibt folgendes Ziel an: "Die Vermittlung von Verständnis, Aufgeschlossenheit und Begeisterung im Umgang mit Musik".
Man kann hier mit Hilfe von diversen Gegenständen verschiedene Töne hervorrufen, aber auch ein virtuelles Orchester dirigieren (es wird nach Ihren Anweisungen gespielt, was nicht immer ein Ohrenschmaus ist). Noch schlimmer wird es einen Stock höher, wo man selbst komponieren kann ... Außerdem gibt es Informationen über die berühmtesten österreichischen Musiker und man kann Beispiele aus ihren Werken hören.
Die neueste Installation ist das "Namadeus", ein interaktives Computerprogramm. Es ist auf Mozarts Musikspiel aufgebaut, das er für seine Schülerin Franziska von Jaquin (Köchelverzeichnis 516f) geschrieben hat. Es ist eine Vertonung des Alphabets - und nun kann man sich mit Hilfe des Computers zum Beispiel die Buchstaben seines Namens vertonen lassen.
Nach diesem Besuch gehen wir zurück bis zur Ecke und biegen dann links in die Annagasse ein. Bevor wir das Palais von Erzherzog Carl verlassen (das hier in der Annagasse auch einen Eingang hat), gedenken wir seiner Gattin, Henriette von Nassau-Weilburg, die 1816 den Weihnachtsbaum in Wien eingeführt hat.
Gegenüber, im Mailberger-Hof, ist heute ein Hotel untergebracht, aber der Mailberger-Hof wurde schon 1452 von Wilhelm Dechsner gekauft, der einer Kommende des Johanniter-Ordens in Mailberg (im Weinviertel, im nordöstlichen Niederösterreich) vorstand.
1775 übernahmen die Malteserritter den Hof.
Die Annagasse ist übrigens eine ganz alte Gasse in Wien. Sie wurde schon 1290 zum ersten Mal erwähnt. Sie hieß damals allerdings noch Pippingerstraße, erst 1547 wurde sie auf St. Annagasse umgetauft und 1701 verlor sie auch ihre Heiligkeit.
Bei Nummer 14 kommen wir am "blauen Karpfen" vorbei, der früher ein bekanntes Restaurant beheimatete. Heute kann man nur mehr den Fisch bewundern, der am Haus angebracht ist, sowie das Puttenfries über den Eingängen.
Schräg gegenüber finden wir die Annakirche, die Sie, lieber Leser, aus Platzgründen auf einer eigenen Seite wiederfinden. Bitte folgen Sie dem Link.
Wir gehen weiter Richtung Kärntner Straße - unterwegs passieren wir linker Hand die Stadthöfe des Klosters von Klein-Mariazell, sowie die der Stifte Kremsmünster (Bild unten links) und Herzogenburg, bis wir schließlich linker Hand, an der Ecke zur Kärntner Straße, das Palais Esterhazy bewundern können.
Nun befinden wir uns also auf der bekanntesten und meistbesuchten, aber auch teuersten Straße in Wien (Bild rechts). Auch sie hat alte Ahnen, schon 1257 ist sie erstmals erwähnt worden. Der Name kommt natürlich daher, dass sie aus der Stadt in Richtung Kärnten geführt hat - und von dort aus weiter nach Venedig und Triest. Sie ist also durch die Jahrhunderte hindurch eine wichtige Verkehrsader gewesen.
Das Alter merkt man ihr aber nicht an, denn dort wurde der Stadtkern mit neuen Häusern vollkommen zeitgemäß gestaltet. Schade, aber die heutigen Modeketten, Goldschmiede, etc. haben eben Ansprüche auf Modernität. Wir gehen die Kärntner Straße ein Stück Richtung Stephansdom und finden rechts gleich die Malteserkirche.
Die Fassade mit dem Malteserkreuz ist aus dem frühen 19. Jahrhundert, aber treten wir ein, müssen wir noch 500 Jahre zurückgehen, um den Bau des Gewölbes mitzuerleben. Der vollständige Name des Gotteshauses ist "Kirche zum Heiligen Johannes dem Täufer".
Die Malteser wurden im Jahr 1080 in Jerusalem als Bruderschaft gegründet. Sie sollten sich der Krankenpflege und anfangs nur der Beherbergung der Pilger widmen. Mit der Zeit wurde der Schutz gegen die Moslime eine weitere Aufgabe der Malteser. Schon 1113 wurde ein Ritterorden aus der Bruderschaft, der zu Beginn nach dem Schutzherren benannt wurde und als Johanniterorden gegründet wurde. Nachher allerdings wurde der Orden nach seinem Sitz auf Malta umgetauft.
Bereits 1217 stand an diesem Ort ein Spital mit dazugehöriger Kapelle, aber beides wurde 40 Jahre später von einem Brand heimgesucht und vernichtet. Die Mauern der heutigen Kirche stammen aus dem 14. Jahrhundert. Das Innere wurde dann erst in barockem Stil umgebaut und erhielt zusammen mit der Fassade 1806 das heutige Aussehen in klassizistischem Stil.
Die steinerne Kanzel ist ein typisches Beispiel dafür.
Beim Betreten der Kirche fallen zunächst die mehr als 40 Wappenschilder auf, die an den Wänden hängen. Darunter gibt es mehrere von bekannten österreichischen Adelsfamilien.
Rechts vom Eingang steht eine Statue des hl. Antonius von Padua (Bild oben rechts). Im Volksmund wird er manchmal "Schlampertoni" genannt, weil man ihn anrufen kann, um verlegte oder verlorene Gegenstände wieder zu finden. Aber er ist auch der Patron der Armen und der Sozialarbeiter. Außerdem soll er bei Unfruchtbarkeit und Viehkrankheiten helfen.
Als Pendant dazu steht links vom Eingang des hl. Judas Thaddäus. Er ist der Helfer der Menschen, die in aussichtlose Situationen geraten sind.
An der linken Seite, der Kanzel gegenüber, sehen wir ein Denkmal mit dem Porträt des Großmeisters des Malteser-Orders, Jean Parisot de La Valette. Ihm ist es zu verdanken, dass Malta 1565 gegen eine übermächtige türkische Flotte verteidigt werden konnte. Nach ihm ist auch die Hauptstadt Maltas, "La Valletta" benannt. Er starb 1568 und auf seinem Grabstein steht: "Er war der Schutzschild Europas". Na ja ...
And der linken Wand sehen wir auch die Ordensfahne, die eher an Dänemark erinnert, während rechts die Fahne des Hilfswerks des Ordens zu sehen ist, das Malteserkreuz auf rotem Feld. Die acht Spitzen des Kreuzes haben symbolische Bedeutung. Früher sah man in ihnen die acht Seligpreisungen der Bergpredigt (Selig sind die ... denn ihrer ist das Himmelreich), während man sie heute als das "achtfache Elend" deutet, das die Malteser bekämpfen sollen: Krankheit und Verlassenheit, Heimatlosigkeit und Hunger, Lieblosigkeit und Schuld, Gleichgültigkeit und Unglaube.
Die Apsis erinnert mit ihrem fünf Achtel-Aufbau daran, dass die Kirche im 14. Jahrhundert natürlich in gotischer Bauweise errichtet wurde. Der Hochaltar wird von zwei Statuen flankiert, die die Apostel Petrus und Paulus darstellen. Das Altarbild wurde von Johann Georg Schmid gemalt (etwa um 1730) und zeigt die Taufe Jesu im Jordan, die ja vom Schutzpatron der Kirche durchgeführt wurde. Der Tabernakel hat die Form eines antiken Tempels und darüber befindet sich die Ikone, die "unsere Liebe Frau von Philermos" genannt wird.
Zurück auf der Kärntner Straße gehen wir ein Stück vor und biegen dort in die kurze Marco d'Aviano-Gasse ein. Marco d'Aviano war ein Kapuzinermönch, der im 17. Jahrhundert lebte und in Wien verstarb. 1683 war er es, der die Messe auf dem Kahlenberg zelebrierte - jene Messe die abgehalten wurde, bevor die Belagerung Wiens durch die Türken abgebrochen werden konnte. Er ist in der Kapuzinerkirche bestattet, die gerade vor uns liegt, wenn wir durch "seine" Gasse auf den Neuen Markt kommen.
Die Kapuzinerkirche, wie auch die Kaisergruft des dazugehörigen Klosters, in der die meisten Habsburger begraben sind, haben aus Platzgründen je eine eigene Seite bekommen. Ich bitte Sie, diesen Links zu folgen.
Die meisten Gebäude in der Innenstadt sind einfach nur schön. Sehen Sie sich einmal das Haus an der Frontseite an, das heute die Pension Neuer Markt beherbergt.
An Ort und Stelle muss man den Blick natürlich ein wenig heben, um den modernen Glaskästen der Geschäftsauslagen zu entgehen - aber was der Rest der Fassaden zu bieten hat, oder noch höher die Giebel und Gesimse, das ist wahrlich der Mühe wert, den Kopf ein wenig in den Nacken zu legen.
Ein anderes Beispiel vom Neuen Markt ist dieser Erker mit dem himmelstürmenden Hermes, der den Hermesstab als Attribut in der Hand hält. Dieser besteht aus einem Stab mit zwei Flügeln und zwei sich emporwindenden Schlangen. Der griechische Hermes wurde bei den Römern Merkur genannt, deshalb ist der Stab auch als Merkurstab bekannt. Er ist heute meistens ein Symbol für Wirtschaft und Handel (Hermes war der Gott der Kaufleute), aber er wird manchmal mit dem Aeskulapstab verwechselt und als Symbol für Medizin gebraucht. Auf dem Aeskulapstab windet sich jedoch nur eine Schlange hoch.
Wir senken den Blick wieder und widmen uns dem Donnerbrunnen, der als zentrales Prunkstück mitten am Platz steht.
Der Donnerbrunnen sollte eigentlich Providentiabrunnen heißen, weil sie erhöht in der Mitte des Brunnens sitzt. Aber nachdem die gute Providentia ziemlich unbekannt ist, nannte das Volk den Brunnen nach seinem Erbauer, Georg Raphael Donner. Er wurde manchmal auch als Mehlmarktbrunnen bezeichnet, weil zur Zeit seiner Aufstellung der Neue Markt noch ein Korn- und Mehlmarkt war. Die Providentia ist eine Allegorie der Voraussicht und der guten Regierung. Der Brunnen wurde 1737 bis 1739 errichtet und sollte sich daher auf die Regierung von Karl VI beziehen, dem Vater von Maria Theresia. Donner war ein Wiener Bildhauer, vermutlich der berühmteste seiner Zeit, in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Der Name Raphael (Raffael) wurde von ihm selbst gewählt, weil er vom italienischen Künstler Raffael Santi sehr beeindruckt war.
Unter der folgenden Regierung Maria Theresias wurde der Brunnen als anstößig betrachtet, weil die meisten Figuren nackt sind. Daher wurden sie 1770 abgetragen.
Bis 1801 waren sie irgendwo versteckt und wurden dann endlich dem Bildhauer Johann Martin Fischer zum Einschmelzen angeboten. Dieser aber erkannte ihren Wert und ließ sie wieder am Brunnen aufbauen. Heute allerdings sind auch nur Bronzekopien zu sehen - die ursprünglichen Bleifiguren kann man im Barockmuseum des Belvedere bewundern.


Die Figuren stellen vier Flüsse des Erzherzogtums Österreich dar - die männlichen zwei Flüsse aus Oberösterreich (Traun und Enns), die weiblichen dagegen zwei Flüsse aus Niederösterreich (Ybbs und March). In dieser Reihenfolge sind auch die obigen Bilder wiedergegeben.

Während wir als Abschluss der Stadtwanderung am Neuen Markt noch einen Kaffee tranken, marschierten diese "Avatare" zum Brunnenrand und setzten sich. Natürlich musste ich nach dem Grund dafür fragen. Die jungen Damen erzählten mir, dass sie auf einer Theaterschule in Freiburg studierten, jetzt aber in Wien Urlaub machten. Und nachdem ihnen das Geld auszugehen drohte, wollten sie ihre Kassa mit ein wenig Straßentheater aufbessern. Ich hoffe, dass es ihnen gelungen ist. Auf jeden Fall war es für uns ein unerwartetes und nettes Ende des Stadtspaziergangs.
Denn wir brauchten nur mehr rechts abbiegen und dann auf der Kärntner Straße links vorgehen - dann waren wir wieder an unserem Ausgangspunkt, am Stephansplatz, angekommen.

In beginnt noch eine Stadtwanderung.

© Bernhard Kauntz, Wolvertem, 2011


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Seite erstellt am 23.10.2011 by webmaster@werbeka.com